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Aegypter.
bestimmten Geschlechtern
einer Gottheit von Männern aus
gewartet, mit kostbaren Speisen gefüttert, gesalbt und
gebadet wurden. Auch an andern Orten wurden derglei-
chen einzelne 'l'hierindixriduei1 gehalten, doch scheint der
Apis bei weitem das grösseste Ansehen gehabt zu haben.
Er war von eigenthiimlicher Gestalt, schwarz mit einem
weissen Dreieck auf der Stirn und andern Kennzeichen;
wenn er starb, so entstand allgemeine Trauer, die sich
in Freude auflöste, wenn die Priester seinen Nachfolger
gefunden hatten.
VVelche Lehren die Priester zur Erklärung dieses
Thierdienstes gaben, wie sie denselben mit einer "übrigens
verfeinerten und rationellen Cultur zu verbinden wussten,
ist historisch nicht zu ermitteln. Allein, welches auch
ihre Auslegungen sein mochten, so erkennen wir in die-
sem Cultus eine eigenthümliche Erstarrung des Symbols
und die Vermischung des Sinnlichen mit dem Abstracten.
Ohne Zweifel hatte der Thierdienst seinen ersten Ur-
sprung in den Ansichten roher Völker, welche sich die
geheimnissvolle Macht der Gottheit durch das Bild eines
Thieres anschaulich machten. ,Nachdem man aber bei
höherer Bildung den Göttern menschliche Schicksale und
Gestalten gegeben hatte, konnte die Beziehung auf das
Thier nur eine symbolisch -metaphorische Bedeutung
haben. Wenn man nun dennoch diese Symbole im eigent-
lichsten Sinne verehrte, sie sogar in einzelnen lebenden
Thierindividuen verkörpert glaubte , so lag darin ein
phlegmatisches Vergessen , der bereits aufgefundenen
höhern Deutung , ein Fixiren des Symbolischen zum
Wirklichen , was den Aegyptern ganz eigenthümlich
scheint. Den Juden verschwindet das Bild, welches die
Phantasie ihnen vorstellt, sofort wieder, um einem andern