Land und Volk. 393
begierigeu nur stückweise und mit einer gewissen zu_
riickhaltung überliefert. Selbst die Geschichte ihres Landes
gehörte dahin , und wir können diesem Umstande die
Abweichungen der drei verschiedenenBerichte, welche wir
bei den griechischen Schriftstellern finden, zuschreiben.
Die Religion der alten Aegypter war bekanntlich
eine polytheistische, mit reichen mythischen Erzählungen,
in denen es indessen nicht, wie in den griechischen, auf
moralische Persönlichkeiten, sondern mehr aufsynibolisehe
V erhüllung astronomischer und sonstiger natürlicher Er-
scheinungen ankam. Doch mögen auch Reminiscenzen
historischer Gestalten Einlluss gehabt haben. Die höchste
Verehrung genossen Osiris .und Isis, in deren jährlich
gefeierten, mythischen Schicksalen eine symbolische Hin-
deutung auf die wirksamen Naturkräfte , auf die An-
sehwellnng des Nils und die gleichzeitigen Veränderungen
des Sonnenstandes unverkennbar ist. Ueber die zahlreichen
anderen Götter scheinen in den verschiedenen Städten,
wo sie als Localgottheiten vorzugsweise ihren Sitz hatten,
verschiedene (Traditionen gelehrt zu sein, deren höhere
Einheit vielleicht ein Geheimniss der Priestercaste sein
mochte. Charakteristisch ist die Verbindung der Götter-
gestalten mit der thierischen Natur. Nicht nur wurden
viele Götter mit Thierköpfen dargestellt , sondern die
Thiere selbst genossen göttliche Ehre. Viele Thierarten
galten für heilig, besonders Katzen, Schlangen, Hunde,
[bis , Sperber; in den Ilypogäen finden sich noch
viele Mumien derselben. Selbst das Krokodil wurde in
einigen Districten verehrt. In den Tempeln wurden diese
heiligen 'l'hiere gepflegt. Besonders wichtig waren in
dieser Beziehung zwei Stiere , der Apis in Memphis
und der Mnevis in Heliopolis, welche als lebende Symbole