Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

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Aegypter. 
das steigende Wasser, die Anlage der Kanäle setzte 
ferner Einstimmigkeit, also Befehl und Gehorsam voraus. 
Dieser Gehorsam musste notlmrendig denen geleistet 
werden, Welche im Besitze der leitenden Kenntnisse waren, 
den Priestern. Ein Despot konnte nicht aufkommen, die 
ganze Klasse der unterrichtetsten Männer, der Priester, 
musste auch von dem König respectirt werden, ein theo- 
kratisches Element sich in der Verfassung ausbilden. 
Standesinteresse und die empirische Beschaffenheit der 
ersten Beobachtungen musste ferner die Geheimhaltung 
dieser höhern Wissenschaft, die Ueberlieferung an nah 
Vertraute, an die Söhne, herbei führen. Die Bildung 
einer erblichen Priestercaste war daher begünstigt. Die 
Religiosität des Volkes musste aber auch eine besonders 
ernste Färbimg erhalten. Das fruchtbare Nilthal und die 
öden Gebirge auf beiden Seiten, diese von armen räube- 
rischen Stämmen durchzogen, jenes regehnässig bebaut, 
durch Ackerbau und Handel bereichert; alles Leben er- 
schien in der Gestalt des Gegensatzes, der das Gemüth 
auf den grössten "aller Gegensätze, auf den von Leben 
und Tod, zurück führen musste. Aber das Herbe dessel- 
ben wurde wieder dadurch gemildert, dass die heilsame 
rettende Gotteskraft des Nils in ununterbrochener Regel 
zurüekkehrte, dass für das Volk seiner Ufer keine Un- 
gewissheit, keine Bangigkeit da war. Das Princip des 
Gegensatzes musste daher hier eine ganz andere Wirkung 
haben, als bei dem wandernden, unstäten Volke der 
Juden. Eine ernste" aber nicht trübe, sondern nur feier- 
liche Gesinnung musste daraus hervor gehen. 
Es ist die Beziehung auf die Natur, welche vor dem 
Trüben bewahrt; sie ist das Feste, während der Geist 
im Menschen das schwankende ist. Aber wie sie auf
	        
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