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Aegyptcr.
zweiten Hälfte Septembers ist der höchste Stand des
VVassers; dann sinkt es Wieder , aber ein fruchtbarer
Schlamm ist zurück geblieben , der die reichsten Aerndten
ohne Mühe gewährt. „In keinem Lande sagt der alte
Herodot, „sammelt man die Früchte der Erde mit gerin-
„gerer Arbeit als hier. Die Bewohner reissen nicht mit
"dem Piluge mühsam die Furchen auf oder graben mit
"dem Spaten, sondern wenn der Fluss ihre Fluren ge-
ntränkt hat, so besäet ein jeder seinen Acker, treibt die
„Heerden darauf, dass sie den Samen festtreten und er-
"wartet sodann ruhig die Aerndte." Ueber die Ursachen
dieser wunderbaren und regelmässigen Anschwellung des
Stromes haben die Naturforscher von Herodot an bis auf
unsere Tage mannigfache Vermuthungen, die erst dann
zur Gewissheit werden können, wenn das ganze Gebiet
des Stromes bis zu seinen so lange vergeblich gesuchten
Quellen bekannt sein wird. Die Wirkung dieser Erschei-
nung auf das 'l'l1al musste aber, wenn nicht ungünstige
Einflüsse sie hemmteil, eine höchst vortheilhafte sein. Bei
einer so milden, so wenig bedürfenden Natur, bei so
gr0ssei' Fruchtbarkeit des Bodens musste sich bald Reich-
thum erzeugen, zu dessen Vermehrung der Strom dann
ein neues Mittel bot , indem er Verkehr, Handel und
Gewerblleiss begünstigte. Zugleich aber lag in der eigen-
thülnlicheil Art dieser Anschwellung auch ein Antrieb zu
höherer Betrachtung und Forschung. Da die Vermehrung
des VVassers nicht von dem zufälligen Wechsel der
Witterung, sondern von der regelmässigen Folge der
Jahreszeiten abhing, so kam es darauf an, diese genau
zu beobachten, nach dem Laufe der Sonne und der Ge-
stirne zu bestimmen. Die N othwendigkeit , Kanalbauten
anzulegen, die Städte durch künstliche Erhöhung gegen