Geist
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Natur.
seinem eignen Wesen, welches den Menschen unglücklich
machen müsste, wenn ihn nicht das Bedürfniss und das
Gelingen des augenblicklichen Handelns stets beschäftigte
und über die Betrachtung seines Wesens hinaushöbe.
Alleinbei alle dem bleibt es dennoch wie ein dunkler Hin-
tergrund in seinem Bewusstsein und erzeugt das Bedürfniss,
sich die Ueberzeugung der Einheit seines innersten Wesens
zu verschaffen. Eine solche Ueberzeugung bloss mit Grün-
den und religiösem Glauben genügt aber noch nicht, denn
sie würde wiederum bloss den geistigen Menschen
befriedigen und mithin das Gefühl des Zwiespalts, statt
es zu beruhigen, immer wieder erregen. Sie muss viel-
mehr in einer Weise kommen, welche ebensosehr die
sinnliche als die geistige Natur berührt.
Eine solche beruhigende Empfindung gewährt dem
Menschen das Wohlgefallen an der Erscheinung,
an der Form der Dinge. Das Thicr kennt solche Empfin-
dung nicht , es wird nur von dem angezogen, was
seinen Bedürfnissen entspricht, und zerstört sogleich die
Gestalt der Dinge, welche es reizen. Ein körperloser
Geist würde sich mit der reinen Einsicht begnügen und
das Aeussere unbemerkt lassen. Hier haben wir daher
eine Aeusserung des Menschen, in welcher seine ganze,
sinnlich-geistige Natur beschäftigt ist. Man hat das Schöne
wohl negativer VVeise dadurch bezeichnet, dass es ausser-
halb des Nützlichen liege. Nützlich können wir nicht
bloss das nennen, was zur Befriedigung unsrer sinnlichen
Bedürfnisse führt, sondern auch das, was unsre Erkennt-
niss mehrt, unsre Einbürgerung in dem geistigen Reiche,
und dadurch auch wieder unsre Herrschaft über die äussere
Welt befördert. Allein auch dem Gefühl für das Schöne
liegt ein Bedürfniss zum Grunde, das Schöne dient also