Der
Salomonischc
Tempel.
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deutung hat, eine architektonische Sünde, Welche sich
die Griechen nicht leicht, wenigstens nicht bei-bedeuten-
den Monumenten erlaubten, und die erst eine Erfindung
der römischen Kaiserzeit war. Denkt man dagegen bloss
an diese Säulen und schliesst aus ihren symbolischen
und verschiedenen Namen, dass sie einen selbstständigen
monumentalen Charakter gehabt haben, so ist es richtig,
dass sich dies mit ihrer Stellung in der Halle nicht wohl
vereinigen lässt. Da nur zwei Säulen waren, so konnten
sie, ohne die gröbste und undenkbare Verletzung der
Symmetrie, nicht verschieden sein; dann aber wäre auch
die Verschiedenheit des Namens ganz bedeutungslos und
kaum zu behalten gewesen. Uebrigens kommen diese
Säulen weder bei den Vorschriften über die einzelnen
Theile des Tempels, die David dem Salomon hinterlässt
(1. Chron. 11-18.), noch bei dem Bau des Serubabel,
noch bei dem des Herodes vor, ja selbst die Vision des
Hesekiel gedenkt ihrer nicht: ihre mystische Bedeutung
kann daher keinesweges so gross gewesen sein, wie
Meyer, Stieglitz und andere sie annehmen. Vielleicht
waren sie nichts als gleichsam ein Triumphzeichen, das
Salomo nach der Vollendung des Baues errichtete, in
Erinnerung der Worte, die David zu ihm gesprochen,
nachdem er ihn zum Baue des Gotteshauses ermahnt:
Sei fest und stark und richte es aus. (l.Chron.29, 20.)
Lleberhaupt sind nicht bloss die ältern, sondern auch
die neuem Forscher in der symbolischen Deutung der
Verhältnisse und Theile des Tempels zu weit gegangen.
S0 wenig man bezweifeln darf, dass die Aussehmüekung
des Gebäudes und der Geräthe in seinen bildlichen Dar-
stellungen mit synlbolischen Nebenbeziehungen gewählt
war, so wenig kann man eine solche in den architektoni-