Einleitung.
liebt es bekanntlich sein eignes Ich nur auf der geistigen
Seite zu suchen und in seiner Betrachtung das Körperliche
als ein geliehenes Kleid oder ein vorübergehendes Ge-
fängniss von seinem Wahren Selbst zu sondern. Allein
näher angesehen will diese Trennung nicht recht vorhalten.
Nicht bloss ist der Körper dem geistigen Menschen gar
nicht so fremd und entbehrlich, sondern das Geistige selbst
ist keinesweges sein freies Gebiet. Wenn er in der phy-
sischen Welt von vielfältigen Gesetzen beherrscht wird
so besteht das geistige Reich in einer nicht minder festen,
zusammenhängenden Ordnung. Auch hier wird er von
einer höhern Nothweildigkeit beherrscht, und ihm bleibt
hier wie da nur das Anschauen und Anerkennen von Ver-
hältnisscn, die er nicht gebildet. S0 steht denn das arme
Ich des Menschen einsam und nackt zwischen innefim
engsten Raume, so beschränkt, dass jede Bewegung es
über die Gränzen desselben hinausflihrt, und es zwingt,
von den Gesetzen der geistigen oder körperlichen Welt
Recht zu nehmen. Ueberdies aber bringt jede 'l'hätigkeit
den Menschen nicht bloss mit einem dieser beiden grossen
Reiche, sondern stets mit beiden zugleich in Berührung,
und er leidet nun durch den Widerspruch dieses Doppel-
zustandes. Als Mitbürger der Geisterwelt glaubt er über
den Erscheinungen zu stehen; er macht Schlüsse über die
Gründe und Kräfte, aus welchen sie entspringen, bildet
sich ein Gedankensystem und eine Regel des Guten und
Bösen. Als irdischer, sinnlicher Mensch verletzt er nicht
bloss diese Regel beständig, sondern er erfährt auch,
dass die stumme Natur in der Fülle ihrer Production,
in der Vielseitigkeit ihrer Gestaltungen seiner dürftigen
Begriffe spottet, seine Schlüsse widerlegt, seine Plane
vereitelt. Da entsteht denn ein Gefühl des Zwiespalts in