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Juden
sehehen erzählt. Die Drohung spricht er, wenn ich nicht irre,
gewöhnlich ohne Bild, nackt und schlagend aus, und man
kann zugeben, dass sie bei ihm und in der griechischen
Poesie überhaupt nicht ganz die Kraft und Bedeutung
habe, die sie in der hebräischen durch diesen Reichthunr
an Metaphern erhält. Diese ist auf das Drohende besser
eingerichtet. Es besteht ein innerer Zusammenhang zwi-
schen einer Gesinnung, welche sich viel mit dem Zu-
künftigen beschäftigt, und jener höchst bewegten Phantasie
der Juden, ebenso wie andrerseits zwischen dem mehr
auf die Gegenwart gerichteten Sinne des Griechen und
seiner ruhigern mehr ausführenden Rede.
Uebrigens finden wir dieselbe Beweglichkeit, den-
selben Bilderreichthum nicht bloss bei Drohungen und
Strafreden, sondern auch bei Verheissungen und selbst
in ruhig beschreibenden Stellen. Man erinnere sich nur
an jene Lobgesänge oder Betrachtungen über Gottes
Wirken in der Natur, in den Psalmen, im Buche Iliob
oder bei den Propheten. Wie schweift der Blick umher,
und beleuchtet mit einem Blitze bald diesen Gegenstand
bald jenen, Himmel und Erde, Land und Meer, die Berge
mit dem Wild in ihren Wäldern, die Fläche mit ihrem
Fruehtbaum, den Menschen und die Blume. Jedes Ein-
zelne tritt plötzlich scharf und eigenthümlich aus dem
Dunkel hervor, aber eben so schnell wieder in dasselbe
zurück, weil ein anderes jetzt beleuchtet wird. Das Ge-
setz des Gegensatzes macht sich dabei besonders geltend.
Das Lieht fallt auf einen Gegenstand, wird von ihm nach
der Eigenthümlichkeit seiner Gestalt auf einen andern,
entgegengesetzten reflectirt, und von diesem Wieder nach
einer andern Stelle. So in den kleinem Kreisen und von
diesen
wieder
zu andern
höhern ,
bis
in
die
höchsten G8-