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Phönicier
und
Juden.
schmuck, wir erkennen in ihren Häusern noch stets die
Erinnerung an das Schiff, die grosse, volle Form, der
ernste, feste Ausdruck des harten tönenden Steines sagt
ihnen nicht zu. Bei den Juden gaben andere Schicksale
ein ähnliches Resultat. Ein Hirtenvolk, ursprünglich no-
madisch, dann in der Fremde im Druck, darauf die Wüste
durchziehend, bildete sich bei ihnen die Liebe für den
eigenen Boden, für das feste Haus nicht aus. Noch in
ihrer spätem Gesetzgebung blieb manches übrig, was
solche Sitte und Ansicht erhielt, namentlich der Ueber-
gang oder die Rückkehr des Eigenthums nach einem
Zeitverlauf, wodurch denn volle Festigkeit des Besitzes
ausgeschlossen war. Was jenen das Schilf, war diesen
das Zelt, im Wanderleben hatte sich ihr Formensinn eben
so nur zum Leichten, Bunten, Zierlichen gebildet.
Für die plastische Kunst reichen schriftliche Nach-
richten noch weniger aus, als für die Architektur, dennoch
sind wir bei beiden Völkern auch hier darauf beschränkt.
Münzen sind überhaupt sowohl durch die Kleinheit ihrer
Darstellungen, als aus manchen andern Rücksichten, un-
genügende Documente für die bildende Kunst. Auch rühren
die meisten der wenigen auf uns gekommenen phönici-
sehen Münzen aus späterer Zeit griechischen Einflusses
her. Allein auch ohne monumentalen Beweis können wir
schliessen, dass sich hier eine bedeutende plastische
Kunst nicht entwickelt hatte. Allerdings waren Syrer
und Phönicier Götzendiener und ihre Altäre waren von
Bildern eingenommen. Allein ihre verwirrte Mythologie
zeigt nicht ausgebildete Charaktere, sondern mehr Sym-
bole von rohen Naturanschauungen und kosmogonischen
Personifieationen. Was wir über die Darstellung ihrer
Gottheiten hören, erweckt nur nachtheilige Vorstellungen.