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Perser.
über Indien, eine Schrift, die zwar Wegen ihrer Unglaub-
haftigkeit verrufen ist, aber ohne Zweifel nicht Erfindungen
des Verfassers, sondern Sagen enthält, die er bei seinem
langen Aufenthalte am persischen Hofe vernahm. Bei Aelian
linden wir nun die Thiere, deren phantastische Bilder uns
in Persepolis begegnen, meist eben so als wirklich in Indien
lebend beschrieben. „Der Greif, a berichtet Aelian nach Kte-
sias, „ist ein vierfüssiges indisches Thier, es hat Klauen
„eines Löwen, sein Rücken ist mit Flügeln bedeckt; Kopf
„und Schenkel sind wie die des Adlers, er nistet auf den
„Bergen und wohnt in den VVüsten, wo er das Gold
nhütet." Auch jenes andere 'l'hier, das am Eingange der
Treppe steht, die Stiergestalt mit Menschenantlitz wird
von ihm nahebei beschrieben als in Indien hausend, nur
dass er dem Leibe nicht die Gestalt des Stieres, sondern
des Löwen giebt m). Diese Thiere galten daher nicht für
Phantasiebilder oder für etwas Ueberirdisches, sondern
sie repräsentirten nur eine entfernte, feindliche, schauer-
liehe Wirklichkeit, und bezeichneten daher den Gegen-
stand des grossen Kampfes, zu welchem der persische
Krieger und Ormuzddiener berufen war, oder die voll.
brachte Bändigung dieses feindlichen Elements M).
i) S. Heeren a. a. O. S. 210. Er nennt es Martichoras, wel-
ches der Menschenwürger heissen solle.
Äbi") Die einzige zugleich ideale und phantastische Gestalt persi-
scher Kunst ist nicht in Tschihniilar, sondern in den Ruinen des
Gebäudes unfern des Cyrus Grabes gefunden. Ein grosses vereinzeltes
Relief zeigt nämlich eine 7 Fuss hohe männliche Gestalt, mit kurz
gelocktem Barte, nach Art ägyptischer Statuen vorwärtsschreitend,
mit einem faltenlosen, engen Gewande bekleidet, mit einer Kappe,
aus der zwei gewundene Hörner hervorgehen, und endlich mit vier
grossen, cherubimartig nach oben und unten gestellten reichgeliederten
Flügeln. Die Beziehung dieser Gestalt zu andern IWTSiSChen Vorstel-
lungen ist noch nicht näher festgestellt, die Arbeit wird von Ker Porter,
der sie sah, griechischer Kunst würdig gehalten. Ritter VIII. 946.