Architektur.
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sprechen besonders die merkwürdigen bildlichen Aus-
schmückungen, die wir unten ausführlicher zu betrachten
haben, ohne dass man deshalb anzunehmen braucht, dass
es eine bleibende königliche Residenz War, was aller-
dings nach der Gestalt der Gebäude nicht wahrscheinlich
ist. Dies stimmt sehr wohl mit dem überein, was wir
von der Königsburg Persepolis wissen. Die Könige von
Persien hatten aus dem früheren Nomadenleben ihres
Volkes
auch
in
Zeit
der
ihrer
höchsten
Macht
die
Sitte
beibehalten, den Wohnsitz nach den Jahreszeiten zu
wechseln. In der kältern Zeit residirten sie in Babylon,
im Frühling und Sommer zogen sie das kältere Klima
von Susa und Ekbatana vor. Finanzielle und politische
Rücksichteil mögen dabei mitwirkend gewesen sein. Ne-
ben diesen drei Residenzen wird aber Persepolis nicht
genannt, und es scheint daher bleibender Aufenthalt des
Hofes nicht gewesen zu sein. Dennoch muss es aber
eine ofücielle Wichtigkeit für das persische Reich gehabt
haben, welche der Brandfackel Alexanders eine symbo-
lische Bedeutung gab. Es ist daher höchst wahrscheinlich,
dass es ein Reichspallast, die Grabstätte der königlichen
Vorfahren , und der Schauplatz gewisser öffentlicher
Handlungen des Monarchen, der Opfer und Annahme der
Geschenke oder Tribute der Provinzen war, den der Hof
jährlich besuchte, aber ohne sich in dieser Grabesnähe
länger als zu den Feierlichkeiten nöthig aufzuhalten. Für
eine solche Bestimmung war aber das Gebäude von
Tschil-minar vollkommen geeignet; mit der Rückwand
der Grabfelsen, mit seinen majestätischen Treppen und
Terrassen , ein würdiges Theater für das pomphafte
Ceremoniell, leicht übersichtlich für den Monarchen auf
seiner Höhe, und den Augen des Volkes in der Ebene