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Perser.
vorherrschende Richtung auf verständige Abstraction und
doch die Neigung zu derbem sinnlichen Genusse. Trun-
kenheit werfen die Griechen schon den Perser-n vor, und
Herodot ([135] bemerkt, dass sie vor andern die Sitten
anderer Völker anzunehmen geneigt seien. Wir können
hinzu setzen, dass die Perser wie die Deutschen dessen
ohngeaehtet ihre Eigenthümlichkeit behielten.
Den bildenden Künsten war die religiöse und mora-
lische Ansieht der Perser nicht günstig. Sie haben keine
Götterbilder, Weil sie, sagt Herodot, den Göttern nicht
wie die Griechen menschliche Natur und Gestalt beilegen.
Sie bedurften sogar keiner Tempel, weil die Opfer auf
den Bergen oder sonst im Freien gebracht wurden. Es
fehlten ihnen daher schon die äussercn Vcranlassungen
für die Entstehung dieser Künste. Auch der Geist ihrer
Religion begünstigte die Erweckung des Formensinnes
nicht, er hat etwas Abstraetes, Unpoetisches. Die Kunst
kann sich nicht auf den schroffen Gegensatz von Gut
und Böse anweisen lassen, sie braucht, wie die Natur,
die heitere Mischung von Licht und Dunkel, aus der die
bunten Farben, die lebendigen Formen hervorgehen. Eine
solche Geistesrichtung ist wenig geeignet, den Sinn für
die Schönheit auszubilden. Auch liegt dem Begriffe des
Guten und Bösen der des Nützlichen und Schädliehen
zum Grunde, eine Beziehung, welche der Kunst bekannt-
lich widerspricht. Daher ist es denn mehr als Wahrschein-
lieh, dass die älteren Perser keine bedeutende eigene
Kunst gehabt haben. Späterhin indessen, nachdem Aegyp-
ten und die kunstreichen griechischen Colonien in Klein-
asien, dem Scepter des grossen Königs unterworfen
waren, durften auch die Künste des Bildes an Seinem
Höfe nißht fehlen. Wenn der Glaube keiner-Bilder bedurfte.