Religion
und
Verfassung.
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entschiedenen
Oberherrschaft
auch
für
die
Familie
die
Zweiheit
welchem
gefährlich und einen Zustand der Dinge , in
die Frauen durch ihre Mehrheit in die Reihe
der übrigen Hausgenossen treten, natürlich erscheinen
lassen. Wie dem auch sein mag, so genügte diese Ver-
Fassung des Staates und der Familie, um eine selbst-
ständige und edle moralische Haltung unmöglich zu ma-
chen, und auch das persische Reich, wie alle übrigen
asiatischen durch Willkür und weichliche Ueppigkeit zu
entnerven.
In diesem Zustande späterer Entartung lernten die
Griechen Persien kennen, dennoch aber ergeben auch ihre
Berichte noch viel Lobenswerthes, WVahrheitsliebe, un-
erschütterliche Treue, Milde des Urtheils, häusliche Einig-
keit. Wir erkennen noch in dieser späten Zeit die Züge
der sittlichen Gestalt, welche in dem Buche Zoroasters
gezeichnet ist. Die Zendvölker stehen den Hindus in
geographischer und sprachlicher Beziehung noch näher
als die Babylonier, vergleichen wir sie aber, wie wir es
bei diesen thaten, mit ihnen, so zeigt sich ein noch
grösserer Abstand, noch entschiedener ausgesprochen;
gegen das wildphantastische, naturtrunkene Wesen der
Inder, erscheint die Weltansicht der Perser eine höchst
verständige, bürgerlich nüchterne. Dort ist uns alles
fremd und wunderbar, hier sind wir fast einheimisch. Die
Sprachforscher finden unter allen ältern Sprachen das
Persische dem Deutschen am Nächsten verwandt, und
eben so lässt sich, in Sitten und Ansichten, in Tugenden
wie in Fehlern eine gewisse Verwandtschaft beider Völ-
ker nicht verkennen. Wahrheitsliebe und Rechtlichkeit,
Gehorsam und Unterwüriigkeit gegen den Fürsten, selbst
bis zur Entwürdiguaig gegen den Despoten; dabei eine
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