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Babylonier.
Gestalt ebenfalls zeigt, dass man durch das Kolossale
imponiren wcllte. Wir lesen, dass die Mauern und sogar
die Thürme mit Bildwerk geschmückt waren. Namentlich
sah man an denen der königlichen Burg eine Jagd dar-
gestellt, mit Thieren, in der Grösse von mehr als vier
Ellen, dabei Semiramis zu Pferde, und Ninus, der einen
Löwen niederstiess. Man kann auch aus dieser Art des
Schmuckes entnehmen, dass das Mauerwerk weniger mit
architektonischen Gliedern geziert gewesen. In andern
Fällen scheint eine farbige Glasur der Ziegel die Mauern
geschmückt zu haben. Bemerkenswerth ist die Bestim-
mung eines Theils dieser Gebäude. Wasseranlagen, ge-
waltige Schutzmauern, Palläste von ungeheurem Umfange,
endlich der Prachtbau der hängenden Gärten für den
blossen Genuss, aus zärtlicher Rücksicht auf den heimi-
schen Geschmack einer Frau, in spielender Nachahmung
einer andern Natur; überall Zwecke und Bestrebungen
weltlicher Art, Bauten, nicht der Devotion, sondern des
Nutzens oder der Armehmlichkeit. Selbst der Tempel des
Belus (der übrigens vielleicht auch das Grabmonument
eines Königs war) hatte nicht umsonst die thurmartige
Höhe, er diente zu astronomischen Betrachtungen, mithin
zu einem zwar religiösen, ohne Zweifel aber auch den
weltlichen Absichten der Priesterschaft und des Landes
förderlichen Zwecke.
Vergleichen wir hier noch die Architektur dieses
Volkes mit der der Hindus, so erscheinen beide in vielen
Beziehungen schroff entgegen gesetzt. Dort der Felsen
selbst zum Tempel, seine natürliche Form zur Kunstge-
stalt mngebildet, hier schon der Boden der Natur abge-
wonnen, das Baumaterial völlig künstlich, eine durchaus
regelrechte Form bedingcnd; dort. ein Uebermaass von