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Babylonier.
ausgedehnten Herrschaft, des assyrischcn Reiches, dessen
Geschichte uns zwar in mythischer Ausschmückung über-
liefert ist, dennoch aber keinen Zweifel über die frühe
Bedeutung dieser Gegenden lässt. Die hebräische Sage
vom babylonischen Thurmbau bezeichnet diese Gegend
als die der ersten gigantischen Unternehmung mensch-
licher Kraft, und knüpft daran die Lehre von der Eitel-
keit unseres Strebens. Es war die ganze Erde nur eine
Sprache und eine Rede, sagt der Verfasser der Genesis,
und deutet damit die Einheit eines grossen Reiches an.
Wohlan, lässt er sodann jene mächtigen Menschen spre-
chen, wir wollen Ziegel machen und brennen, und uns
eine Stadt bauen und einen Thurm, dessen Spitze reiche
bis an den Irlimnrel, und wollen uns einen Namen machen,
damit wir nicht zerstreut werden über die Erde.' Man
sieht, er bezeichnet in der grossartigen, prägnanten Weise
der hebräischen Sage die Entstehung der Civilisation,
den Reichthum, den Luxus und das Streben nach monu-
mentaler Pracht. Die Vergänglichkeit dieses Strebens,
der Zwiespalt und die Auflösung des Reichs, ein Schick-
"sal, welches freilich stets der höchsten Blüthe zu folgen
pflegt, zumal in diesen asiatischen Reichen, wird dann
ferner unter dem Bilde der Sprachverwirrung, die der
Herr jenen Uebermüthigen erregt, treffend bezeichnet.
Anders lautet die griechische 'l'radition von dieser
Gegend; indessen ist es bemerkenswerth, dass auch in
ihr grandiose architektonische Unternehmungen nicht ver-
gessen werden. Als die erste Herrscherstadt wird Ninus,
ein Werk_-des gleichnamigen Königs genannt. Schon
seine Wittwe aber, die von der Sage viel besprochene
Semiramis, gründet Babylon und beginnt die kolossalen
Bauten, welche Herodot und spätere Griechen zu den