194
Babylonier.
sich nicht zu einer eigenthiinllichen und bedeutenden
Form. WVir werden daher hier weniger in das Einzelne
dringen, sondern schnellem Schrittes über weite Länder
fortwandern, durch die lieblichen Hirtenthäler der Meder
und Perser, über die von Kanälen durchschnittene Fläche
zwischen dem Tigris und Euphrat, auf den Karavanen-
strassen der Wüste, bis an die Küste von Syrien zu den
Handel treibenden Phöniciern. Auf den Trümmern jener
mächtigen Stadt, WO nach der heiligen Sage die Nim-
rodssöhne ihren himmelhohen Thurm begannen, Wo die
Griechen die Bauten des Ninus und der Semiramis als
Weltwunder anstaunten, bei den Gräbern der gefürchteten
Perserkönige, an der Stätte des Salomoilischen Tempels
werden wir kurze Zeit verweilen, allein das bedeutendste
Ergebniss der Geschichte dieser Völker wird für uns die
Betrachtung sein, mit welchen ihrer Eigenthümliehkeiten
es zusammenhing, dass die bildenden Künste bei ihnen
nicht feste Wurzel fassten, Welche Gaben und Vorzüge
sie für diesen Mangel entschädigten.
Auf den Gebirgen Arnneniens entspringend fliessen
zwei grosse Ströme, der Euphrat und 'l'igris , beide
von Norden nach Süden dem persischen Meerbusen zu.
Das Land zwischen ihnen, von den Griechen Meso-
potamien d. i. Mittel-Stromland, genannt, ist Anfangs,
bei grösserer Entfernung beider Ströme gebirgig wech-
selnd oder eine Wüste Steppenebene. Weiter südlich
nähert sich der Lauf beider Ströme, und dieser flache
untere Theil bildet das Land Babylon oder Chaldäa,
das schon in der frühesten Geschichte als der Sitz des