Malerei.
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selbst jene Beschreibung des Gemäldes in der Sakontala
auf eine wirklich" künstlerische Behandlung der Malerei
schliessen lässt. Auffallend ist es, dass kein Maler, son-
dern eine Jungfrau das Bild anzufertigen beauftragt ist;
da auch in den andern Fällen die Frauen das Bild ihrer
Geliebten malen, so scheint die Malerei vorzugsweise
weibliche Arbeit zu sein. Noch auffallender ist, dass die
Jungfrau jenen landschaftlichen Anforderungen des Kö-
nigs Duschmanta auf der Stelle genügen soll und dazu
sogleich das Farbengeräthe holt, wenn gleich eine eifer-
süchtige Laune der Königin dazwischen kommt. Endlich
befindet sich auf diesem Bilde das Portrait der Sakontala,
obgleich ilach dem. Gange des Stücks die Malerin sie
nicht füglich gesehen haben kann. Wir haben daher wohl
alle Ursache an einer wirklich künstlerischen Ausbildung
der Malerei zu zweifeln. In neuerer Zeit findet eine soL
che jedenfalls nicht statt. Zwar werden sehr zierliche
llliniaturen in Indien gemalt, aber ohne irgend einen
Anspruch auf Charakter oder Naturwahrheit, ohne Er-
findung und Geist, von steifer seelenloser Zeichnung,
ohne Perspektive, nur auf bunten Farbenschmuck berech-
net; eine fabrikmässige, vielleicht wie es auch bei den
alten Indern schien , vorzugsweise weibliche Arbeit,
künstlich ohne Kunst, den chinesichen Malereien nicht
unähnlich.
Es kann dies nicht laefrelndeil, denn wenn wir auch
in der Empfänglichkeit für landschaftliche Natur, in der
zugleich auf Musik und auf das Ebenmaass der Gestalt
gerichteten Eiltwickelung des Schönheitssinnes, selbst in
der Ausbildung des Dramais Zügc haben, welche auf
eine gewisse malerische Anlage schliessen lassen, so
fehlt doch gradc das, was diese Anlage zur Kunst machen