Plastik.
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welche, da sie aus anderer Quelle kommen, der schönen
Form mehr oder Weniger fremd sind.
An den Bildwerken finden wir diese Bemerkung be-
stätiget. Die Urtheile. denjenigen, welche die grossen
Tempelbauten selbst sahen, sind zwar sehr verschieden.
Einige finden die Sculpturen in denselben des griechischen
Meissels nicht unwürdig, andere vergleichen sie mit den
ägyptischen Monumenten und ziehen sie denselben vor.
Indessen sind die wenigsten dieser Beschreiber kunst-
verständig genug, um ihnen ein zuverlässiges Urtheil
zuzutrauen, zumal da es schwer sein mag, dem gewalti-
gen und unerwarteten Eindrucke dieser alten Kunstwerke,
in den Wildnissen, welche sie umgeben, dem Reize des
Neuen, welchen dieses weniger bekannte Alterthum für
uns noch besitzt, und der natürlichen Vorliebe für ein
liebenswürdiges und hochbegabtes Volk nicht einen allzu
grosseil Einfluss einzuräumen. Wir dürfen hoffen, aus
den Abbildungen, aus den wenigen kleinen Bildwerken
welche uns zugänglich sind i) und aus den Nachrichten
der Reisenden, uns ein richtigeres Bild von der Eigen-
thümlichkeit der indischen Plastik und ihrem Verhältnisse
zur ägyptischen und griechischen zu machen. Die Kör-
performen der Bildwerke sind nicht unschön. Das Gesicht
ist voll, Lippen und Kinn stark gerundet, die Schultern
breit, die Brust hoch gewölbt, der ganze Körper fleischig,
4') Die im brittischen Museum aufbewahrten Werke indischer
Sculptur scheinen nicht bedeutend, wenigstens nlachten sie auf Wangen
(Kunstwerke und Künstler in England Th. I. S. 109) einen sehr
ungünsiigen Eindruck. Er findet sie ungemein styllos und barbarisch.
Ueber einige im Museum zu Leyden befindliche indische YVerke, s.
Niederländische Briefe S. TLW-Nach dem Urtheile von A. W. v. Schlegel
(Ind. BibLXII. S. _43l) verdienen unter den Abbildungen indischer
Sculpturexl die in Ralfles history of Java V01. II. das grösste Zu-
trauen, während die übrigen mehr oder weniger ungenau sind.