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Indische
Architektur.
war daher die Grundlage der architektonischen Form,
und die Phantasie lieh ihm nur den Schein einer Regel.
die nicht vorhanden war. Charakteristisch ist es , dass
sich wenig Pfianzenformen unter den Verzierungen dieser
Monumente finden. Bei allen andern Völkern ist dies
gewöhnlich und es liegt auch wohl in der Natur der
Sache. XVenn man von der einfachen strengen Regel-
mässigkeit der wesentlichen Glieder des Baues zur Or-
namentirurxg übergeht, sich leichtere Ausweichungen von
der graden Linie, heitere, zufällige Formen erlaubt, dann
entsteht ganz von selbst etwas den Pflanzen Aelnrliches,
welches man gern durch Anschliessen an die Naturform
vollendet. Auch liegt eine innere Wahrheit darin, dass
auf den grossen Massen der unorganischen Natur sich
das heitere Spiel des Vegetabilischen zeige. Bei den
Indiern kam noch die fast religiöse Verehrung und das
gesteigerte Mitgefühl hinzu, mit welchem sie sonst die
Pflanzen betrachten. Dennoch nahmen in der Fclsenarchi-
tektur nur wenige Verzierungen die Gestalt des Blattes
an, und es scheint, dass die wildschaßende Phantasie
der Hindus selbst an die freiere Regelmässigkeit der
Pflanze sich nicht anknüpfte. Die Ornamente sind viel-
mehr entweder Zusammenstellungen von graden oder
gekrümmten Linien, wulstigen und flachern Formen, oder
sie gehen unmittelbar zu Thiergestalten über, und zwar
zu den grössern, plumpen, gewaltigen Thieren. Der Löwe
und der Elephant dienen besonders als architektonische
Zierden, als Wächter vor den Pforten, als Träger gan-
zer Felsentempel, endlich als Ornament an Kapitälen und
Friesen. Es ist offenbar, dass hier etwas Symbolisches
hineinspielt. Die Heiligkeit der Thiere übersteigt bei
Weitem die der Pflanzen; viele von ihnen stehen in Ver-