Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

Grottentempel. 
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Steine auf einander ruhen, giebt die Grundlage ab, auf 
welcher sich nach der Richtung des Volkes ein bestimm- 
ter Geschmack bildet. Auch bei dem Grottenbau giebt 
es für das Innere noch einigermassen feste Verhältnisse, 
durch die Rücksicht auf die Haltbarkeit und auf die er- 
forderliche Grösse nach den Bedingungen des Cultus. 
Dagegen ist die äussere Bearbeitung des durchhöhlten 
Felsens ein reiner Luxus, ein Spiel ohne alle Regel. Auf 
die Schwere des Stoffes ist nur in soweit Rücksicht zu 
nehmen, dass man nicht allzu wild hineinarbeite, und 
endlich sogar der feste natürliche Zusammenhang des 
Steines nicht genüge, um einzelne Stücke zu tragen. 
Uebrigens aber fehlt nicht bloss der Grund der Regel- 
mässigkeit, sondern die Phantasie wird sogar durch die 
zufälligen Formen des Gebirges zu grösserer Willkühr 
gereizt. Jeder weiss ja, wie wunderliche Formen sich in 
den Felsen bilden; hereinbrechende Fluthen oder Regen- 
bäche, frühere Erdrevolutionen, unbekannte Kräfte man- 
cher Art haben ineinander spielend, die regelmässige 
Krystallisatioil, die Lage der Steinschichten mannigfaltig 
modil-icirt. Kommt etwas dazu, was unsere Phantasie 
mehr als gewöhnlich anreizt, etwa das unsichere Lieht 
der Dämmerung oder des Mondscheines, so knüpfen sich 
Erinnerungen an diese Felsgebilde , drängen und schieben 
sich in einander, und bringen abenteuerliche verwirrte 
Gestalten vor unsere Seele. Eben so musste es auch dem 
uralten Werkmeister ergehen, der, angefüllt mit den Bil- 
dern einer wilden mythologischen Tradition, aus dem 
Stein das Haus seines Gottes herauszuhauen begann. 
Dazu kam noch, dass die zufällige Gestaltung des Steins 
benutzt werden konnte und musste, um die Arbeit aus- 
führbar zu machen oder zu erleichtern. Das Naturspiel 
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