Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

Religion. 
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Kraft des Volkes sich seine Götter selbst bildet. Die 
Grundansehauung bleibt dieselbe, aber der Gesichtspunkt 
ändert sich. Wie verschieden sind die Griechen in ihrer 
pelasgischen Urzeit, in der Blüthe der homerischen My- 
thologie und in dem spätem philosophischen Zeitalter, 
und doch war es derselbe Lebensgeist, der sie beseelte. 
Solche Veränderungen sind denn auch in den Religions- 
lehren der Hindus nachzuweisen. Allein auch abgesehen 
von ihnen ist der Geist dieser Lehren ein weniger be- 
stimmter, vielgestaitiger und deshalb schwerer zu fassen. 
In den ältesten Schriften, den Veda's, liegt ein Na- 
turdienst vor, die Verehrung der Sonne. Daraus entwickelt 
sich eine Art Monotheismus, eine Schöpfungslehre, in wel- 
cher das Hervorgehen aller Dinge aus Einem erkannt wird. 
Aber es ist dies nicht ein persönlicher Gott, sondern 
Brahman, das ungeschaßene All, geschlechtlos, unbe- 
stimmt. Der sinnliche Mensch begreift die Persönlichkeit 
nur da, wo er Handlung und Willkühr zu sehen glaubt; 
der tiefste Grund der Dinge geht ihn weniger an, als 
das, was auf seine Schicksale Einfluss hat. Dieses höch- 
ste Wesen war daher mehr der Gegenstand philosophisch 
theologischer Betrachtung als der Volksreligion, ihm 
wurden keine Tempel gebaut, es blieb im Dunkel wie 
das Fatum der Griechen. Zwei andere Hauptgötter, zwar 
nur Ausfiüsse der höchsten Gottheit, aber wirksamer und 
dem Menschen näher stehend, wurden daher die Idole 
ihrer Tempel. Der eine, Sivas d. i. der Verehrte oder 
Mahadeo d. i. der grosse Gott, stellte die Naturkraft dar, 
den Wechsel der Dinge; er ist der Erzeugende aber 
auch der Zerstörer, der Gott, vor welchem die sinnliche 
Natur des Menschen ihr Knie beugt, der Gott der Furcht. 
Sein Symbol ist das Feuer. Neben ihm steht Vischnu,
	        
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