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Indien.
ihrer Familien, die Mässigkeit ihres Lebens, in gewissem
Sinne selbst ihre Menschlichkeit. Einzelne Gestalten.
Fürsten oder Brahmaileil, von denen wir Näheres erfahren
haben, können uns in der 'l'hat die Ueberzeuguilg gewäh-
ren, dass bei nlanchen Ausartungen und Sonderbarkeiten
dennoch die Natur des Volkes und
Moral edel und rein sein müssen.
die
Prinzipien
ihrer
Die Grundlage ihrer bürgerlichen Verhältnisse ist be-
kanntlich die Casteneintheilung. Es giebt vier Hauptcastezl,
die der Brah m anen oder Priester, der Kschetr_vas oder
Krieger, der Veisyais oder Gewerbtreibenden und endlich
der Sudrawüs oder Dicnendcil. Von der Gerste, in welcher
jeder geboren ist, hängen alle seine Lebensverhältnisse
unabänderlicll ab, seiner Freiheit sind (ladureh mehr oder
weniger enge Schranken gesetzt, und dem Verdienste
bleibt nur die Hoffnung, bei einer künftigen Seelenwan-
derung in eine höhere Ordnung aufzurüeken. Diese Unter-
scheidung gründet sich nicht, nach der Lehre der Brah-
manen, auf menschliche Satzung, sondern auf die Schöpfung
selbst. Aus dem Haupte Brahmas sind die Priester, aus
Armen und Beinen die beiden nächsten Casten, erst aus
seinen Füssen die Sudra's hervor gegangen. Die Brah-
manen stehen den andern Casten Weit voran, sie sind
heilig, Götter auf Erden, die zweimalgebornen, reinen.
Eine Beleidigung gegen sie ist ohne Sühne, während sie
selbst auch bei den schwersten Verbrechen nur Verban-
nung oder Geldbusse zu besorgen haben. Sie allein ver-
stehen das Sanskrit, und bewahren die heiligen Bücher,
der Tempeldienst und der Unterricht der Jugend gebühren
ihnen ausschliesslieh. Andere Beschäftigungen sind ihnen
nicht verwehrt, sie dürfen Waffen tragen, in allen Aem-
tern stehen, ja selbst regieren. Dafür sind sie an manche