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Indien.
phemen, Gebeten , Moralprinlzipieil, ohne Zweifel nicht.
das Werk Eines Mannes, sondern eine Sammlung, in
alterthümlicher Sprache, mit einfacherer noch unausge-
bildeter Götterlehre. Man nimmt etwa das Jahr 1800
v. Chr. für die Zeit ihrer Entstehung an, doch kann sie
auch leicht noch höher hinauf zu rifckeil sein. Nicht viel
neuer scheint das Gesetzbuch, welches-den Namen des
Manu führt, rhythmisch geschrieben, in vieler Beziehung
noch die Spuren eines frühen, jugendlichen Zustandes,
zugleich aber auch einer Weit gediehenen Cultur enthal-
tend. Im Wesentlichen finden wir schon hier die charak-
teristischen Rechtsverhältnisse, die noch heute bestehen,
namentlich den Castcnunterschied. Wiederum etwas neuer,
vielleicht um das Jahr 1000 v. Ch. sind die grossen epi-
schen Gedichte zu setzen, Ramayana und lilahabharata.
Jenes Gedicht besingt den Zug des Rama, einer Ver-
körperung der Gottheit, Wider böse Dämonen: dieses den
Bürgerkrieg zwischen den Fürstengeschlechtern der Kurus
und Pandus. Man hat beide vielfältig mit der Ilias und
Odyssee verglichen. In ihnen erscheint erst die ganze
Mythologie der Hindus ausgebildet, im Wesentlichen so
wie sie noch jetzt anerkannt ist, auch von denselben
sittlichen und religiösen Ansichten begleitet. Sie zeigen
uns eine bewunderungswürdige Zartheit des Gefühls und
eine völlig durchgeführte, ja selbst verfeinerte Civilisa-
tion. Von ihrer Entstehung an bis ungefähr 100 Jahr
v. Chr. scheint die Blüthezeit der Litteratur zu währen,
denn zu dieser Zeit, unter dem Könige Vieramaditya,
von welchem die noch jetzt geltende Chronologie aus!
geht, lebte ihr grösster dramatischer Dichter, Kalidasa,
dessen Sakontala die Europäer zuerst auf die Schönheit
der indischen Poesie aufmerksam nlaehte. In diesem