Volk
und
Land.
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Zur
Zeit
Alexanders
des
Grossen
erscheinen
sie
schon
als ein hochgebildetes Volk, fast mit denselben Zügen,
welche dreizehn Jahrhunderte später die Muhamedaner
an ihnen wahrnehmen, ja selbst von dem heutigen Zu-
stande nicht auffallend verschieden. Allein Sprache und
Litteratnr geben eilt sicheres Zeugniss, dass sie auch
schon viele Jahrhunderte vor Alexanders Siegeszug ge-
blüht haben. Besonders derjenige Dialect, Welcher jetzt
nicht mehr gesprochen wird, in dem aber ihre heiligen
Bücher geschrieben sind, das Sanskrit, steht in einer
merkwürdigen Verwandtschaft mit mehreren. andern Spra-
chen, namentlich der Griechischen, Lateinischen, Gothisch-
Germanischen, Lithauischeil und Persischen.
Aus den eigenthülnlichen Uebereinstinnnungen mit
diesen, an sich so verschiedenen Sprachen geht hervor,
dass sie alle einer Familie angehören, und dass das
Sanskrit, wenn man es auch nicht als die Mutter, sondern
nur als eine Schwester der übrigen ansehen kann, den-
noch bei der Trennung jener Griechischen, Italischeil und
Germanischen Colonieen, schon völlig ausgebildet war,
und selbst einen hohen Grad philosophischer Feinheit
erlangt hatte i). Wir werden hierdurch auf ein hohes
Alter dieser Sprache zurückgeführt. Dies bestätigt denn
auch ihre Litteratur, nicht bloss durch ihren Reichthum,
sondern durch die grosse Verschiedenheit ihrer Bestand-
theile. Die ältesten ihrer jetzt erhaltenen Bücher sind die
Veda's, eine Sammlung von Religionsschriften, Philosoe
ü) v. Bohlen, das alte Indien. Th. II. S. 434. Nach Bourn0ul"s
neuesten Ihrschungen sind Sanskrit und Zend (die Sprache der allen
Perser) nahe verwandte, doch selbstständige ldiome, an welche sich dann
die europäischen Sprachen so anschliessen, dass das Klassische (Grie-
vhisthc und Lateinische) dem Sanskrit, das Gothiscln-Germanische
dem Zend Iläiler steht. S. Ritier a. a. Ü. Th. S. S. S3.