IX
zweite reifte aber den entgegengesetzten Entschluss.
lch fand, dass unsere Arbeiten sich nicht im Wege stehen,
dass sie vielmehr Verschiedenes gewähren, sogar in ge-
wissem Sinne sich ergänzen.
Ueber die Bestimmung Ihres Werkes giebt dieses
selbst den deutlichsten Aufschluss. Sie bezeichnen sie
aber auch im Vorworte ausdrücklich , indem Sie die
Geschichte der Kunst mit einem Reiche vergleichen,
dessen Eroberung llllS noch beschäftige, in dem noch man-
che Steppen urbar zu machen, manche Wälder zu lichten
seien, und bei welchem es daher wie ein Wagniss er-
scheine, schon jetzt ein behagliches geographisches Netz
darüber zu legen, und Provinzen, Bezirke, Kreise und
WVeichbilder mit sauberen Farbenlinien zu sondern. Es
sollte eine Karte dieses anziehenden Landes werden,
eine vollständige, übersichtliche, klare, aber auch eine
kritisch genaue und zuverlässige, welche dem Forschen-
dß": der in einzelne Gebiete eindringen, dem Lernenden,
welcher die Resultate solcher Bestrebungen sich aneignen
Wollte, sichere Ausgangspunkte, und eine möglichst un-
trügliche Anschauung des Ganzen gebe. Die Nützlichkeit
eines solchen Unternehmens ist augenscheinlich , die
Schwierigkeit bei dem heutigen Zustande unserer Kennt-
nisse jedem Eingeweihten bekannt, und Sie haben die
Aufgabe mit eben so vielem Scharfsinne als Vorsicht
gelöst, so dass eine zweite Arbeit gleicher Tendenz in
der That vor der I-Iand überflüssig sein würde.
Mir stand eine andere Aufgabe vor Augen. Dass
die Kunst einer jeden Zeit der Ausdruck der physischen
und geistigen, sittlichen und intellectualen Eigenthümlich-
keiten des Volkes sei, ist eine Wahrheit, die jetzt im
Allgemeinen Niemand bezweifelt. Mir schien aber auch,