Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

Die 
Kunst 
in 
der 
Geschichte. 
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der Poesie entwickelt, mehr und mehr entbehren kann, 
und überlässt sie endlich sich selbst zu ihrer selbststän- 
digen Ausbildung, deren Blüthezeit indessen erst später 
eintritt. Die Poesie selbst aber entwickelt sich dann zur 
Lyrik, in welcher nun auch die Schönheit des einzelnen 
Gemüthes sich ausbildet, und geht zuletzt zum Drama 
über, in dem die Verwickelungen und Leiden der Ein- 
zelnen, der Streit des Individuums gegen das Schicksal, 
gegen Gesetz und Sitte sich gestalten. Bald nach" der 
Vollendung des Epos, erlangt die bildende Kunst eine 
künstlerische Behandlung. Es gehört eine Weitere Erhe- 
bung über das gemeine Dasein dazu, um in den äussern 
Dingen, welche nur zum sinnlichen Gebrauche zu dienen 
scheinen, die schönen Verhältnisse zu erkennen. Die Poesie 
muss daher schon vorgearbeitet, den Gemüthern einen 
höhern Schwung gegeben , sie für das reine Maass 
empfänglich gemacht haben, ehe die Bearbeitung des 
härteren Stoffes erfolgen kann. Unter den bildenden Kün- 
sten geht die Architektur voran; der Sinn muss sich erst 
für die reinen Verhältnisse gebildet haben, ehe er ihre 
tiefere Bedeutung an der individuellen Gestalt auffassen 
kann. Ihr folgt die Sculptur, Welche eben diese Verhält- 
nisse an dem Einzelnen, den leiblichen Organismus, dar- 
stellt. Sie ist der lyrischen Poesie verwandt, indem sie 
wie diese sich auf den Einzelnen in seiner Schönheit 
und Gediegenheitbezieht. Man muss deutliche Anschauung 
von dem Werthe und der Kraft individueller Gefühle, 
von der sittlichen Ausbildung der Geschlechter und Cha- 
raktere erlangt haben, um sie körperlich darzustellen, 
und in diesen Anschauungen geht die Poesie der Plastik 
voraus. Die Malerei endlich folgt erst auf die Sculptur, 
durch das Mittelglieil des Reliefs vorbereitet. Man lernt
	        
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