Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

Die 
Kunst 
in 
der 
Geschichte. 
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zu wissen, dass wir in dem Entwickelungsgange derKunst 
auch das treueste Bild der fortschreitenden Hunlanität haben. 
Wie die Entwickelung des Schönheitssinnes im All- 
gemeinen der Entwickelung des menschlichen Geistes im 
Ganzen, ebenso entspricht bei jedem einzelnen Volke 
die Blüthe der einzelnen Künste in ihrer geschichtlichen 
Folge den Bildungsstufen desselben. Hiebei sind aber die 
speciellen Gesetze der einzelnen Künste und ihre Ver- 
hältnisse unter einander zu beachten; indem der Einfluss 
des allgemeinen Geistes der Nation durch diese modificirt 
wird, und nicht unbedingt entscheidend ist. Die Künste 
erblühen auch bei dem vielseitigsten Volke nicht alle 
gleichzeitig. Vielmehr wie jede 'l'hätigkeit einseitig ist, 
nach einer Richtung hin und von der andern ableitet, so 
muss auch das Vorherrschen einer Kunst die künstleri- 
schen Anlagen zu einer andern bleibend oder doch vor- 
übergehend, ganz oder theilweise hemmen. 
Die Gesetze dieser Entwickelung der einzelnen 
Künste in historischer Folge bei einem einzelnen Volke 
lassen sich etwa in Folgendem angeben; natürlich nur 
im Allgemeinen, und abgesehen von den mehr oder min- 
der bedeutenden Modificationen, welche die Verhältnisse 
des bestimmten Volkes herbeiführen. 
Zunächst geht bei jedem  auch dem begabtesten 
Volke, der Entwickelung der eigentlichen Kunst ein immer 
langer, mehrere Jahrhunderte umfassender Zeitraum der 
Vorbildung voraus. Wie der Kern im Schoosse der Erde 
reift, wie jede Geburt eine stille und verborgene Vorbe- 
reitung, ein ungestörtes Wirken der bewusstlosen Kräfte 
erfordert, so muss auch das Naturelement des V olkes, 
aus welchem seine Kunst hervorgehen soll, langsam 
zeitigen. Wenn dies geschehen und der Moment gekom-
	        
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