Die
Kunst
in
der
Geschichte.
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Genien ist, so wenig verdeckt sie uns das Innere des
allgemeinen Geistes; denn der ist der grösste Künstler,
der (so weit es seine Kunst erfordert) sich in den Geist
"seiner Zeit und seines Volkes versenkt, und wahre
Künstlernaturen verbinden mit der höchsten Wärme und
Eigenthümlichkeit eine vollkommene Durchsichtigkeit des
Wesens. S0 sehen wir in den glänzenden Epochen der
Kunst durch die freien Werke der Künstler hindurch den
Geist der Nation. Aber nicht minder charakteristisch
sind ihre WVerke auch bei den Völkern mangelhafter
Kunstübung; denn hier zeigt uns die Kunst am Sicher-
sten das, was der vollen Entwickelung ihres Wesens
hemmend entgegen trat. In den andern mehr bewussten
Aeusserungen des öffentlichen Lebens kann dies Hemm-
lliss nicht gefunden werden, weil das Volk selbst es
nicht kannte, in der unbeholfenen läunstleistung aber ist
es für uns, die wir Vollkommeneres damit vergleichen
können, deutliclist ausgesprochen. So ist also die Kunst
einer jeden Zeit der vollstandigste zugleich aber auch
der zuverlässigste Ausdruck des jedesmaligen Volks-
geistes. Denn das N aturelement , welches in ihr ent-
halten ist, giebt ihrer Entwickelung auch den Charakter
der N othwendigkeit und Stätigkeit, und sichert uns
dagegen, dass wir nicht von einzelnen Zufälligkeiten
getäuscht werdend Sie ist mithin gleichsam eine Hiero-
glyphe, ein Monogramm, in welchem sich das geheime
Wesen der Völker, denen sie angehörte, zwar abgekürzt
und auf den ersten Blick dunkel, aber für den, welcher
diese Zeichen zu deuten versteht, vollständig und be-
stimmt. ausspricht.
Eine fbrllaufeude Kunstgeschichte gewährt daher
Zugleich eine Anschauung von der [bPLSChPCilClldml Ent-