Die
Kunst
in
d er
Geschichte.
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eine Schöpfungslehre und nlithin eine, wenn auch rohe
Verbindung der sinnlichen Welt mit einem geistigen
Urwesen zum Grunde liegt. Wenn mm Sinnliches und
einseitig Geistiges überall die trennenden, feindlichen
Mächte sind, durch Welche der Zwiespalt im Menschen
entsteht, wenn jedes von beiden ihn mehr einseitig fest-
hält als ganz erfüllt, so ist die Religion die eigentliche
Seele des Volksgeistes, in ihr spricht sich sein indivi-
dueller Charakter aus, und je nachdem sie überwiegend
zum Materiellen oder Spirituellen hinneigt, wirdgauch
jede seiner Aeusserungen diesen einseitigen Charakter.
haben.
Auch die Kunst gehört zu den ilothwendigen Aeusse-
rungen der Menschheit; ja man kann vielleicht sagen,
dass in ihr der Genius der Menschheit, sich noch voll-
ständiger und eigenthümlicher ausspreche, als in der
Religion selbst, weil in dieser immerhin die Form des
Gedankens oder doch des xiergeistigten Gefühls vor-
herrscht, während in der Kunst auch die sinnliche Natur
vollkommen mit aufgenommen und befriedigt ist. Kein
Volk ist daher auch ganz ohne Kunst, sie findet sich
unbewusst ein; aber freilich sind bei Weitem nicht alle
Völker im Besitze der ganzen Kunst oder aller Künste,
keines vielleicht hat alle mit gleichem fGlücke- geübt.
Wir finden einige Völker, bei denen zwar die Anfange
aller Künste vorkommen, aber so, dass das künstlerische
Treiben nur ein unklares und erfolgloses ist, weil es
noch nicht völlig aus der Verwirrung des sinnlichen
Lebens heraus tritt. In der Baukunst mischen sich z. B.
mit dem- eigentlich Architektonischen bildliche Elemente,
die dann eben deshalb nicht zur selbstständigen Ent-
wickelung kommen; die Poesie ist noch nicht ein freies