Die
Kunst
in
der
Geschichte.
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Talenten, von den Schulen, Welche durch Nachahmung
des gegebenen Beispieles entstanden, zu erzählen, und
gewährt den Nutzen, auf die Irrthümer und Missgrilfe
belehrend aufmerksam zu machen.
Diese Ansieht, zwar im Allgemeinen veraltet, aber
in einzelnen Urtheilen noch häufig einwirkend, ist nicht
die wisrige. Die Geschichte, wie jede Erscheinung, ist.
nur für den, welcher ihre innere Einheit nicht kennt,
ein verwirrtes und unverständliches Bild. Wem das
Auge für ihr geistiges Wesen geöffnet, dem kann ihr
innerer Zusammenhang nicht entgehen, wenn er auch
noch nicht alle ihre feinsten Züge verstehen und mit
dem Ganzen in Einklang zu bringen vermag.
Jene sinnliche und vereinzelnde Auffassung der Ge-
schichte hat ihre Wurzel in der Ansicht, welche man
von dem Verhältnisse der Einzelnen zum Ganzen über-
haupt hat, in einer Ueberschätzung des einzelnen Men-
schen, indem man glaubt, dass er sein geistiges Wesen
mit allen seinen Anlagen und Fähigkeiten schlechthin
durch seine körperliche Geburt erlange, und mithin ent-
weder einer unmittelbaren Gnade oder dem Zufalle der
Natur verdanke. Es gebührt sich aber vielmehr anzuer-
kennen, dass der Einzelne, so ausgezeichnet und begabt
01' auch sein mag , dennoch sein Wissen und Können
nicht unmittelbar aus den Händen der allgemeinen Natur,
als sein alleiniges Eigenthum empfange, sondern dass
beidem eine geistige Erbschaft, eine Ueberlieferung,
die Gemeingut der Nation ist, zum Grunde liege. Das
Volk löst sich äusserlich in einzelne Menschen auf, aber
innerlich und in Beziehung auf die grösseren geistigen
Leistungen bildet es nur Ein untrennbares Wesen. Dieser-
Volksgeist ist freilich unpersönlich, ohne Selbstbewusst-