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Malerei des XV. Jahrhunderts.
Plorentinar.
kleiner, nackter Flügelkinder (Putten) aus, welche als Gefährten des
Christuskindes, als Sänger und Musikanten und als stets dienliehe
Füll- und Zierfiguren die Kunstwerke jener Zeit beleben.
Die höchste Freude der Kunst war es, wenn sie der Natur Wie-
der eine sprechende Bewegung, einen lebensvollen Moment mehr, und
zwar auf schöne WVeise abgewann; sie suchte gerade dasjenige, wel-
chem die Nordländer aus dem Wege gingen. Einstweilen erfährt man
noch wenig von anatomischer Erforschung der Menschengestalt; aber
ein rastlos beharrliehes Anschauen des täglichen Verkehrs klärte die
Künstler auf über das Warum? jeder Bewegung und jedes Ausdrucks;
das Studium des Nackten und der Perspeetive, die man aus dem
Nichts schaffen musste, that das Übrige.
So erwuehs eine Malerei, welche sich nicht mehr auf Intentionen
und Andeutungen zu beschränken brauchte, sondern der Darstellung
jeder Thatsache, jedes sinnlichen oder geistigen Vorganges gewach-
sen wer.
In Florenz knüpft sich die grosse Neuerung an den Namen des
Masaecio (1401-1443). Unter der Einwirkung des Ghiberti, Do-
natello und Brunellesco, welche in der Sculptur das neue Princip ver-
traten, führte er dasselbe in die Malerei ein, wo es seine Wahren Siege
erkämpfen sollte. Eine Jugendarbeit, die er in Rom übernahm, die
aFresken in S. Olemente (Cap. vom Seiteneingang rechts; Passion, und
Legende der heil. Catharina), zeigen in ihrer starken Übermalung nur
Anklänge dessen, was Masaccio über die Nachfolger Giottds empor-
hebt; in einigen der besser erhaltenen Köpfe regt sich wenigstens ein
yersönlicheres Leben. Der ganze Meister oEenbart sich erst im Car-
hmine zu Florenz (Cap. Brancacci, am Ende des rechten Quer-
sehiifes), wo er die von Masolino da Panicale begonnene Freskenreihe
weiter zu führen hatte. Wie Masolinds Eva (im Sündenfall) eine der
ersten, ganz schönen nackten Frauengestalten der modernen Kunst ist,
so sind lillasaceids 'l'äuflinge (in der Taufe Petri) die ersten völlig
belebten männlichen Acte; schon vollkommen ist die Linienführung
zweier nackten und bewegten Gestalten (in der Vertreibung aus dem
Paradiese) gehandhabt. Auch in den übrigen Bildern strömt eine bisher