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Malerei des germanischen Styles.
Giotto und Schule.
aden Allegorien einzeln bei, wovon die genannte Cap. d. Spagnuoli das
vollständigste Beispiel liefert. (Auch Dante macht von dieser Reprä-
sentation bekanntlich den stärksten Gebrauch.) Solche Figuren, na-
mentlich wenn sie nicht besser stylisirt sind als bei Taddeo di Bartnlo
bfiforraum der Oap. des Pal. pubblico in Siena), bleiben doch blosse
Curiositiit; sie geben den Massstab des naiven historischen Wissens
jener Zeit, die nach Valerius hlaximus und andern Quellen dieser Art
neue Ideale proclamirt.
Ungleich wichtiger und selbständiger als dieses buchgeborene alle-
gorische Element ist in Giottols Schule das symbolis ch e. Es giebt
hohe, gewaltige Gedanken, die sich durch keinen bloss historischen
Vorgang versinnlichen lassen und doch gerade von der Kunst ihre
höchste Belebung verlangen. Das betreffende Kunstwerk wird um so
ergreifender sein, je weniger Allegorie, je mehr lebendiges, deutliches
Geschehen es enthält. Die künstlerische Symbolik spricht theils Grup-
pen- und Kategorienweise, theils durch allbekannte historische Cha-
raktere. 1' Das Grösste was von dieser Art vorhanden ist, trägt am
Wenigsten den Stempel der blossen subjectiven Erfindung; es sind
vielmehr grosse Zeitgedanken, die sich fast mit Gewalt der Kunst
aufdrängen.
Zu diesen Gegenständen gehört schon das ganze Jenseits, obwohl
nicht unbeschränkt. Soweit das Evangelium und die Apokalypse in
ihren Weissagungen gehen, hat die Kunst noch einen Boden, der mit
dem Historischen von gleichem Range ist. Erst mit den einzelnen
Motiven, die hierüber hinausgehen, beginnt die freie Symbolik. Das
"Weltgericht in seinen drei Abtheilungcn: Gericht, Paradies und
Hölle, hat in dieser Schule drei mehr oder weniger vollständige Dar-
estellungen erhalten: die (sehr zerstörte) Giottds 1) an der Vorderwand
d der Arena. zu Padua, und die der beiden Orcagna. in S. Maria novella.
e (Cap. Strozzi) und im Camposanto (der unterste Theil von dem schlech-
1) Merkwürdiger Weise ist Giotto in der Gruppirung freier als Orcagna; er
gicbl; noch bewegte Schaaren, die ungleiche Luftentfernungen zwischen sich
haben. Christus und die Apostel sind noch ohne den momentanen Ausdruck,
den ihnen Orcagna verlieh. Nach der zierlich scharfen Behandlung zu urthvi-
len wäre das Weltgerieht der am Frühsten gemalte Bestandtheil der Fresken
der Arena.