Volltext: Malerei (Nebst Register über alle drei Theile) (Bd. 3)

766 
Malerei des germanischen Styles. 
Giotto und Schule. 
gegenkömmt; bei der idealen Betrachtungsweise des Raumes findet es 
auch äusserlieh von selbst seine Stelle. (Erst das XV. Jahrh. iiug 
an, den Himmel durch WVolkensehichten räumlich zu erklären, und 
erst Coreggio giebt den Wolken jenen bestimmten cubisehen Inhalt 
und Consistenzgrad, welcher sie zur ganz örtlich berechenbaren Unter- 
bringung von Engeln und Heiligen geeignet macht.) Es sind die seit 
der altehristlicheil Zeit kunstübliehen Gedanken, die in jeder, selbst in 
verschrumpft byzantinischer Form imponiren, hier aber in schöner 
Verjüngung auftreten. Das was s0'lange Jahrhunderte blosse Anden- 
tung gewesen war, gewinnt endlich eine erhabene Wirklichkeit," so- 
weit eine solche überhaupt im Sinne des Jahrhunderts lag. 
Hier muss vorläufig von den Weltgerichtsbildern die Rede 
asein. Es hatten schon lange, auch im [Orient solche existirt, ehe Or- 
cagna das seinige malte (Camposanto). Allein bei ihm erst ist der 
Richter nicht bloss eine Function, sondern ein persönlicher Charakter, 
dem die Wendung und die berühmte Geberde ein imposantes Leben 
verleihen. Der damalige Glaube Wies bereits der Madonna eine für- 
bittende Theilnahxne beim Weltgerichte an; der Maler gab ihr den- 
selben mandelförmigen Heiligenschein (Mandorla) wie Christus; ihre 
Unterordnung wird nur dadurch angedeutet, dass ihre Stellung der 
seinigen fast parallel folgt. Die Apostel sind keine blassen Anwesen- 
den mehr, sondern sie nehmen den stärksten innern Antheil; wir sehen 
sie trauernd, erschrocken auf den Richter hinblickend, niedergeschlagen 
in sich gekehrt, auch mit einander redend. Sogar einer der Engel- 
herolde kauert furchtsam auf einer Wolke, den Mund mit der Hand 
verdeekend. I-Iöchst energisch vollziehen dann unten fünf Erzengel 
das Geschäft des Seelenscheidens; in den beiden, welche die Heriiber- 
strebenden in die Hölle znrückdrängen, ist die herbste Wirkung beab- 
sichtigt und erreicht. 
Auch blosse Glorien sind bei dieser Schule immer höchst beach- 
tenswerth. Die ererbte Symmetrie in der Haltung der Hauptfigur und 
der Engelsehaaren wird mehr oder weniger beibehalten, aber mit gran- 
diosem Leben durchdrungen. Man kann nichts Eigenthümlicheres sehen, 
bals (Camposanto, Geseh. des l-Iiob) die Erscheinung Gottes in ovaler 
Glorie mit G Engeln über einer Landschaft mit grünem Meer, gelber 
Erde und rothem Himmel; Satan tritt auf einem Fels in Gottes Nähe.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.