Volltext: Malerei (Nebst Register über alle drei Theile) (Bd. 3)

Baumdarstellung. Auffassung der Thatsachen. 761 
Buch und Attribut; der hohe Charakter des Darzustellenden drückt 
sich in der lebensvollen und würdigen Wendung der Gestalt und des 
Hauptes, in den bedeutenden Zügen, in der freien und doch so feier- 
lich wallenden Gewandung aus. Wie soll man z. B. den Johannes 
grösser fassen als diese Schule zu thun pflegt,  ein llßßhbejahrter 
Greis, in tiefem Sinnen vor sich hinblickend, indem sein Adler scheu 
zu ihm ernporsleht?  
Ehe von den grössern Compositionen die Rede ist, muss zu- 
gestanden werden, dass die Motive des Einzelnen und des Ganzenin 
dieser Schule sich gerade so wiederholen wie in der antiken Kunst. 
(Man vergleiche z. B. die drei Leben der Maria in der Cap. Baroncellia 
zu S. Crocc, im Chor der Sacristei ebenda, und in der Madonnen-b 
Capelle des Domes von Prato.) Die Maler sind desshalb {keine Pla-C 
giaforen und Einer von ihnen hat auch den Andern gewiss nicht dafür 
gehalten; es war gemeinsames Schulgut, das Jeder nach Kräften re- 
producirte, nicht kneehtisch, sondern lebendig und mit freien Zuthaten. 
Kirchen und Klöster verlangten die ihnen bekannte und keine andere 
Erzählungswcise der Passion, des Lebens der Maria, der Geschichten 
des heil. Franciscus etc. Sie verlangten von dem Künstler noch nicht 
seine geniale Subjectivität, sondern die Sache; es kam auf das Deut- 
liche und Schöne, nicht auf das Eigcnthümliche an. Daneben aber 
blieb, wie wir bald sehen werden, noch ein reiches und grosses Feld 
für freie Aufgaben im Sinne jenes Jahrhunderts offen. 
Wie viel von jenem Gemeingut hat Giotto selber geschaffen? 
Die Frage wäre für Jemanden, der alle Werke der Schule nach ein- 
ander mit Musse untersuchen könnte, nicht unlösbar; wir haben 
darauf zu verzichten. So viel ist gewiss, dass ein Strom von Erfindung 
und Neuschöpfung von ihm ausgegangen sein muss. Vielleicht hat kein 
anderer Maler seine Kunst so gänzlich umgestaltet und neu orientirt 
hinterlassen als er. 
Sein Jugendwerk, die Fresken in Madonna dell" Arena m15 
Padua, sind für ihn und die ganze neue Geschichtsdarstellung äßr 
Schule in, besonderm Grade bezeichnend. Jeder Thatsache ist ihre 
bedeutendste Seite abgewonnen um auf diese die Darstellung zu ballen- 
Wir wählen nur einige irdische, zum Theil alltägliche Vorgänge; ihr 
Werth liegt in dem was sich von selbst zu verstehen Scheint; bei
	        
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