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Moderne Malerei.
haben; unter den weiblichen Charakteren und Engeln macht sich hier
das nette, soubrettenhafte Köpfchen mit dem rothen Naschen, welches
dem D. eigen ist, ganz besonders geltend. Solche Beispiele mussten
aschon in Bologna selbst Nachfolge ünden. Von Canuti, einem sehr
tüchtigen Schüler Guidds, ist in S. Cristina (4. Alt. r.) die Misshand-
lung der Heiligen durch ihren Vater man sehe wie gemalt. Auch
Maratta, sonst Guidois treuer Verehrer, holt sich in solchen Fällen
doch lieber seine Inspiration aus Domenichino's S. Sebastian (Marter
bdes heil. Blasius in S. M. di Carignano zu Genua, l. Alt. 1a).
Gueroin ist in Martyrien erträglicher als man erwarten sollte. (Gal.
cvon Modena: Marter des heil. Petrus, Hauptbild; Dom von Fer-
drara, Querschilf rechts: Matter des heil. Laurentius, sehr der Restau-
ration würdig.) Von dem Florentiner Cigoli sieht man in den
eUfflzien eine mit grosser Virtuosität gemalte Marter des heil. Ste-
phanus, der bereits mit Steinen geworfen und mit Fusstritten miss-
handelt Wird, in Gegenwart pharisäisch ruhiger Zuschauer. Carlo
fDo1ci's heil. Apollonia (Pal. Corsini in Rom) begnügt sich damit,
uns die Zange mit einem der ausgerissenen Zähne auf das Niedlichste
zu präsentiren.
Wahrhaft abscheulich sind in solchen Fällen die eigentlichen Na-
turalisten. Caravaggio selber zeigt uns in einem einzigen Kopfe
schon die ganze falsche Rechnung des Naturalismus; es ist seine Mc-
gdusa in den Uffizien gemeint. Stets begierig nach einem Ausdruck
des Augcnblickes und schon desshalb gleichgültig gegen den tiefern
immanenten Ausdruck (den er in der Grablegimg gar wohl erreicht),
malt er einen weiblichen Kopf im Moment der Enthauptung; könnte
derselbe aber z. B. beim Ausrcissen eines Zahnes nicht eben so aus-
sehen? Nothwendiger Weise erregt das Griissliche, wie diese
Schule es auf-lasst, mehr Ekel als tiefes Bangen.
Er selber sucht in einem seiner bestgemalten Bilder, dem Be-
hgräbniss des heil. Stephanus (bei Camuccini in Rom) durch natur-
Wahre Darstellung des unterlaufenen Blutes Grauen zu erregen; seine
iMarter des heil. Matthäus (S. Luigi in Rom, letzte Cap. l.) Wirkt
durch die Zuthaten fast lächerlich. Sein Schüler Valentin hat zu
viel Geist, um ihm auf diesen Bahnen zu folgen; in seiner Enthaup-
ktung des Täufers (Pal. Sciarra zu Rom) tritt ein physiognomisches