Der Aflect in der biblischen Geschichte.
1029
ist die des Caravaggio (Pal. Brignole zu Genua) immer eine der be-a
deutendsten Leistungen des genieinern Naturalismus. Das Abend-
mahl fällt gleich unwürdig aus, ob es als Genrebild oder als Aifect-
scene behandelt werde. Ersteres ist z. B. der Fall in dem grossenb
Bilde des Aless. Allori (Acad. zu Florenz), welches eine ganz
schön gemalte, lebendige „Scene nach Tische" heissen kann. Bei
Domenico Piola (S. Stefano in Genua, Anbau links) fehlt es nichtc
an Pathos aller Art, allein das „unus vestrum" geht unter in einem
gesuchten Lichtelfect und in den Zuthaten (Bettler, Aufwärter, Kin-
der, auch ein niedersehwcbender Reigen von Putten). Im Chor
von S. Martino zu Neapel sind ausser der grossen Geburt Christi von
Guido vier colossale Bilder dieser Gattung zu finden, deren zum Theild
berühmte Urheber doch hier nicht auf ihrer rechten Höhe erscheinen:
Ribera, die Communion der Apostel; Caracciolo, die Fusswa-
schung; Stanzioni, figurenreiches Abendmahl; Erben des
Paolo Veronese, Einsetzung der Eucharistie. (So Galanti, dem
ich beim Erlöschen meiner Erinnerungen folgen muss.) Von den Pas-
sionsscenen (abgesehen von einzelnen Figuren, wie das Eccehomo, der
Cruciiixus) ist es hauptsächlich der Moment des Affectes im vorzugs-
weisen Sinne, welcher nun tausendmal dargestellt wird: die Pieta,
der vom Kreuz abgenommene Leichnam, umgeben von Maria, Johannes,
Magdalena und Andern. Die Vorbilder Tizian's und Coreggids be-
rechtigten und reizten hier zur höchsten Steigerung des Ausdruckes.
Wie bei der Scene unter dem Kreuze, so wird nun auch hier, dem
Wirklichkeitsprincip gemäss, die Madonna fast immer ohnmächtig, d. h.
der sittliche Inhalt muss mit einem pathologischen theilen. Wo die-
ser Zug ausgeschlossen ist, wie z. B. in den Bildern, welche nur die
Madonna mit dem Leichnam auf den Knieen darstellen (Lod. Ca-e
racci: im Pal. Corsini zu Rom; Annibale: im Pal. Doria und imf
Museum von Neapel), da ist auch der Eindruck viel reiner. Dieg
bedeutendste jener vollständigem Darstellungen ist wohl die schon
Wegen ihrer Anordnung (S. 1025) erwähnte Mad. della Pieta des h
Guido (Pinacoteca von Bologna); leider hatte er den Muth nicht,
diese Scene, wie Rafael seine 'l'ransiiguration in einen bestimmten
obern, auf einen zweiten Augenpunkt berechneten Raum zu versetzen
(etwa auf einen Hügel), sondern brachte sie als auf einer über den knieen-