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Moderne Malerei.
Der grösste Colorist der Schule war, wenn er wollte, Guido
aReni. Seine Einzelügur des S. Andrea. Corsini (Pinac. von Bologna)
möchte in der Delicatesse der Töne unübertroffen sein; vielleicht er-
reicht noch hie und da. ein Bild seiner silbertönigen maniera seconda.
eine ähnliche Vollendung, etwa z. B. eine seiner Aktiiguren des S.
Sebastian (wovon die schönste ebenda, andere a. m. seine beste
Aktfigur im Goldton ist (ebenda) der siegreiche Simson, ein Bild ve-
nezianischer Freudigkeit. (Zu vergleichen mit dem von heil. Frauen
bgepilegten S. Sebastian seines Schülers {Simone da. Pesaro, im Pal.
Oolonna zu Rom.) Von seinen Fresken wird die Aurora um der
Haltung Willen auf das Höchste bewundert; die grösste Farbenwirkimg
cübt aber Wohl die Glorie des S. Dominicus (in der Halbkuppel der
'Capelle des Heiligen zu S. Domenico in Bologna).
Guercino ist in seinen Farben bisweilen venezianisch klar bis
in alle Tiefen, oft aber endet er auch mit einem dumpfen Braun. Das
dgrosse Bild der heil. Petronilla. (Gal. des Capitols), vorzüglich aber
Eder Tod der Dido (Pal. Spada in Rom) zeigen seine Palette von der
kräftigsten Seite; die oben (S. 1012, h) genannten Gemälde sind auch in
der Farbe edler gemiissigt. Von den Fresken sind diejenigen im Ca-
fsino der Villa Ludovisi (Aurora im Erdgeschoss, Fama im Ober-
geschoss) vorzüglich energisch in der Farbe, ebenso die Propheten
glllld Sibyllen in der Kuppel des Domes von Piacenza, nebst den Al-
legorien in den Pendentifs.
Unter den Naturalisten ist der friihste, Caravaggio, von wel-
chem auch Guercin mittelbar lernte, immer einer der besten Coloristen.
Freilich schlicsst das scharfe Keller-licht, in welches er und viele
Nachfolger ihre Scenen zu versetzen lieben, jenen unendlichen Reich-
thum von schönen Localtönen aus, Iwelche nur bei der Mitwirkung
der Tageshelle denkbar sind; ausserdem ist es bezeichnend, dass trotz
aller Vorliebe für das geschlossene Licht die Naturalisten so wenig
auf die Poesie des I-Ielldunkels eingingen. Caravaggids Geschichten
hdes S. Matthäus in S. Luigi de' Francesi zu Rom (letzte Cap. l.) sind
freilich so aufgestellt, dass sich kaum über die Farbenvvirkung ur-
theilen lässt, mögen auch iiberdiess stark nachgedunkelt sein; doch