Paolo Veronese.
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nung der spätern Werke Tizians; die Heiligen sind z. B. zwanglos
um das Postament gruppirt, auf welchem die Madonna sitzt. (Acada
v. Venedig; S. Francesco della vigna, 5. Cap. 1.) Das schönste die- b
ser Bilder: S. Cornelius, S. Antonius abbas und S. Cyprian nebst
einem Geistlichen und einem Pagen, findet sich in der Brera zu Mai- c
land. In den erzählenden Bildern geht der allgemeine vene-
zianische Mangel an genügender Entwicklung der Figuren bis zur
Unverständlichkeit; Haltung und Schritt aber haben oft etwas son-
derbar Schwankendes. Allein Paolo hat, Wo er sich anstrengt, edlere
dilmatische Gedanken als die übrigen Schulgenossen, wie man am
besten in S. Sebastiano zu Venedig sieht, welche Kirche eine sehrd
grosse Anzahl Bilder von ihm, die treffliehsten und grössten im Chor,
enthält. Vollends sind die Hochaltarbilder von S. Giu stina zu Pald ua e
und von S. Giorgio in Braida zu Verona, mit den llziartyrien der f
genannten Heiligen, hieisteriverke ersten Ranges; Paolo dämpft das
Ereigniss so weit als möglich zum Existenzbild, mässigt sich im
Pathos auf das Behutsamste, meidet die Excesse des Naturalismus,
und behält auf diese Weise die nöthige Fassung um seine Farbe in
siegreicher Prachtfülle vortragen zu können. Mit seinen weltlichen
Bildern verhält es sich nicht anders; die berühmte „Familie desg
Darius" im Pal. Pisani a. S. Polo wirkt nur desshalb so ganz
zwingend, weil das Pathos auf das Nothwendigste beschränkt, der
Moment zu einer blossen demiithigen Präsentation gedämpft ist.
Er wählt vorzugsweise solche Ereignisse, die sich dem Ceremonien-
bilde nähern, wie die Anbetung der Könige (Brera zu Mailand), dieh
Königin von Saba (mit den Zügen der Elisabeth von England, Ufii-i
zien); seine eigentlichen Ceremonienbilder werden wir im Dogenpalast
kennen lernen. Die ganz schwachen erzählenden Bilder übergehen
wir; es sind zumeist solche, in welchen auch die Farbe geringem
Werth hat. (Ein unglückliches Roth hat z. B. oft alle Lasuren ver-
zehrt.) Paolo wird zwar niemals roh wie Tintoretto, allein sehr nach-
ist nicht frei davon, und bei Paolo giebt es sogar höchst aulfallende Bil-
dungen dieser Art. Lüsternheit zu erregen hat sich die Kunst oft herge-
geben, allein dass man gerade mit diesem Typus einem Durchschnittsge-
schmack Genüge geleistet habe, bleibt räthselhaft. Rubens, der denselben auf
seine Weise umdeutete, traf vielleicht schon eher den Sinn seiner Leute.