Giorgione.
Sebastlano del Piombo.
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Findung Mosis (Brern. in Mailand, dem Bonifazio zugeschrieben).a
Verglichen mit dem Bilde Rafaels (Loggien) wird man das Ereigniss
als solches ungleich weniger deutlich und ergreifend dargestellt finden,
allein welcher Neid erfasst die moderne Seele, wenn Giorgione aus
dem täglichen Leben das ihn umgab, aus diesen geniessenden Men-
schen in ihren reichen Trachten eine so wonnevolle Nechmittagsscene
zusammenstellen konnte! Die höchste Wirkung liegt analog wie bei
den Charakteren Bellinfs (S. 825,) darin, dass man das Gemalte für
möglich und noch vorhanden hält. Eine kleinere Findung Mosis imb
Pal. Pitti. Das Bild im Pal. Manfrin, als „Familie Gis" bezeichnetgß
ist ein eigentliches und zwar frühes Genrebild in reicher Landschaft.
Ebenda: der Astrolog; eine Improvisation mit manchen Nach-
lässigkeiten; der Reiz derselben liegt hauptsächlich darin, dass der
Phantasiegegenstand so einfach, in einem (für uns) idealen Costüm
und in demjenigen idealen Raum (einer freien Landschaft) dargestellt
ist, welcher der echten italienischen Novelle zukommt; in einem sog.
Fauststiihchen hätte Giorgione keinen Spielraum. Endlich sein
grösstes und zwar ganz phantastisches Werk (Acad. von Venedigyd
der Seesturm, erregt und hier personiücirt durch schwimmende
und auf Schiffen fahrende Dämonen, welche sich vor der Barke mit
den drei Schutzheiligen verzweifelnd flüchten.
Unter Giorgionds Schülern ist Sebastiano del Piombo
(1485-1547) der wichtigste; als Executanten Michelangelds haben
wir ihn bereits (S. 879) genannt. Aus seiner frühern, venezianischen
Zeit stammt das herrliche Hochaltarhild in S. Giovanni Cri- e
sostomo; der Heilige der Kirche schreibt am Pult, umgeben von
andern Heiligen, worunter hauptsächlich die Frauen als allerschöuste
Typen der Schule (grandios und noch ohne Fett) auszuzeichnen sind.
Ob die Darstellung im Tempel (Pal. Manfrin) von ihm und nochf
aus seiner venez. Zeit ist, lasse ich unentschieden; jedenfalls aber ge-
hört hieher ein wundervolles Porträt in den Uffizien: ein Mann ing
Brilstharnisch, Barett und rothen Ermeln, hinter ihm Lorbeer-
stämme und eine Landschaft. Etwa. aus dem Anfang seiner rö-
mischen Zeit: die Marter der heil. Apollonia (Pal. Pitti); ein Resth
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