954
Malerei des XVI. Jahrhunderts.
coreggio-
a Ebenda: 1a. Zingarella, d. h. Madonna über das Kind gebeugt
auf der Erde sitzend, oben im Palmendnnkel schweben reizende Engel.
Coreggio hebt in der Maria. das Mütterliche hier und auch sonst nicht
selten mit einer wahren Heftigkeit hervor, als fühlte er, dass er s einem
Typus keine höhere Bedeutung verleihen könne. Die Ausführung
vielleicht etwas früher, übrigens von grösster Schönheit.
b Auch die grosse Frescomadonna in der Galerie von Parma
zeigt Mutter und Kind innig verschlungen; eines der schönsten Linien-
motive Cfs; Köpfe und Irliinde Wunderbar zuszunmengcordnet (der-
gleichen sonst seine starke Seite nicht ist); Hauptbeispiel seines weib-
lichen Idcalkopfes mit den eolossalen Augenlidern und dem Niischen
und Mündehen.
c Ebenda: die berühmte Madonna della Scodella, eine Scene
der Flucht nach Ägypten. Das zauberhafte Licht in dem heimlichen
WValdraum, die liebenswürdigen Köpfe und die unbeschreibliche Herr-
lichkeit der ganzen Behandlung lassen es vergessen, dass das Bild
Wesentlich nach den Farben componirt und in den Motiven überwie-
gend unklar ist. WVas Will das Kind, ja die Mutter selbst? was fan-
gen die heftig bewegten Engel oben mit der Wolke an? wie hat man
sich den Engel, welcher das Lastthier bindet und denjenigen mit dem
Rebenzweig vollständig entwickelt zu denken? Man scheue sich nur
nicht, Fragen, die man an jeden Maler stellt, auch an Coreggio zu
stellen. Wer solche Wirklichkeit malt, ist zur Deutlichkeit doppelt
verpflichtet.
d Auch die Madonna di S. Girolamo (ebenda) wiegt durch
eine fast (doch nicht ganz) ebenso erstaunliche Behandlung die grossen
sachlichen Mängel nicht auf. Hieronymus steht affectirt und unsicher
wie denn Coreggio im Grossartigen nirgends glücklich ist; das Kind,
welches dem im Buche hliitternden Engel winkt und mit den Haaren
der Magdalena spielt, ist von einer unbegreiflichen Hässlichkeit, ebenso
der Putto, welcher am Salbengefiiss der Magdalena riecht 1). Nur
1) S0 dass man sich des Gedankens an eine ganz bestimmte Absicht kaum er-
wehren kann. Es ist- hier Pilichtsache zu bekennen, dass in T0sehi's Sti-
chen die Köpfe nicht selten versüsst sind diess unbeschadet der hohen
Achtung vor dem Meister, welchen ich noch wenige Monate vor seinem Ende
in seinem Studio zu begrüssen das Glück gehabt habe. Es wäre sehr zu