942
Malerei des XVI. Jahrhunderts.
Rafaelisten.
zu beurtheilen, zumal bei der stellenweise ganz venezianischen Pracht,
Harmonie und Klarheit der Farben. Und doch ist es eine Thatsache,
dass der innere Sinn oft von ihm abgestossen wird, während das Auge
sich noch ergötzt. Er ist kein Manierist; selbst die zahllosen kleinen
aBildehen zumal der Gal. Doria und der Gal. des Oapitols, sind mit
voller äusserer Gewissenhaftigkeit componirt und gemalt. Aber sein
Gefühl füllt die Formen nicht aus, die er schafft, sein Pathos ist ein
unsicheres, seine idealen Köpfe, zumal die grossen, verrathen eine
bgeistige Leere. (So der schöne Apostelkopf im Pal. Pitti, die Judith
cbei Camuccini zu Rom.) Am ehesten in seinen wenigen Genrebilderu
afEberjagd im Pal. Sciarra; Reiterzug im Pal. Colonna, dem Begna-
cavallo zugeschrieben) ist er ganz der farbenreiche und naive Ferra-
rese. In den spätem Werken verhält er sich zu den Schülern Ra-
faels wie früher zu Rafael selbst, auch wird sein Colorit schwächer.
Seine Kirehenbilder sind hauptsächlich folgende.
c In Rom: Pal. Doria: Heimsuchung, und Anbetung des Kindes,
ffrüh undwchön. Pal. Chigi: Himmelfahrt Christi, und ein Bild mit
gdrei Heiligen, ebenso. Pal. Borghese: die Kreuzabnahme, Haupt-
hbild. Im Museum von Neapel: Kreuzabnahme, im Ausdruck stiller
iund tiefer. In der Brera zu Mailand: eine Pietät mit vielen Fi-
k guren, und ein Crueifixus, früh. In der Aeademie zu Venedig:
Madonna in Wolken, mit 4 Heiligen, datirt 1518, vorzüglich. In
lder Galerie zu Modena: zwei thronende Madonnen mit Heiligen,
m eine schöne der mittlern Zeit, und eine späte. In S. Salvatore zu
Bologna, 1. Cap. l.: häusliche Seene bei Zacharias.
n In Ferrara: im Ateneo: Grosses allegorisehes Freseobild, als
Ganzes nichtig und widerwiirtig, reine Buchpliantasie, aber mit schö-
nen Episoden, 'mittlere Zeit; grosse Anbetung der Könige vom Jahr
1537 und noch sehr brillant; Gethsemane u. A. m. (Bald wird hier
auch das Abendmahl aus S. Spirito aufgestellt werden, Wovon man
oeinstweilen Candfs Copie sieht.) Im Dom: zu beiden Seiten des
Portals schlichte und edle Freseogestalteu des Petrus und Paulus;
3. Alt. 1.: thronende Madonna mit G Heiligen, vom Jahr 1524, Haupt-
bild; rechtes Quersehiff: Petrus und Paulus; linkes: Verkündigung,
pspät. -In S. Franceseo, Fresken der 1. Cap. 1.: die beiden Donatoren
zu den Seiten des Altars, köstlich früh ferraresiseh; der Judaskuss