Volltext: Malerei (Nebst Register über alle drei Theile) (Bd. 3)

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Malerei des XVI. Jahrhunderts. 
Rafael. 
guignon; man gewinnt gewiss rascher ein Interesse für das moderne 
Schlachtbild, dessen Leben insgemein in einer möglichst wirklichen 
Hauptepisode besteht. Rafael aber musste einen Angelpunkt der Welt- 
und Kirchengeschichte als solchen darstellen. Vor allem einen Sieg 
im Moment der Entscheidung. Auch die brillanteste Episode genügt 
hiezu nicht; das Heer als Ganzes muss siegen. Diess ist hier zur 
Anschauung gebracht durch das gleichiniissig gewaltige Vordringen 
der christlichen Reiter und durch die Stellung Constantins genau in 
der Mitte des Bildes, die er eben im BegriE ist weitersprengend zu 
überschreiten. Auf diesem Hintergrunde gewinnen erst die pracht- 
vollen Episoden des Einzelkampfes ihre wahre Bedeutung, ohne aus 
dem Ganzen herauszufallen. Ruhig, wie ein Princip, thront der Heer- 
führer in Mitten seiner Schlacht; die Beziehungen einzelner Krieger 
auf ihn, die Gruppe der Engel über ilnn, verstärken seine centrale 
Bedeutung; ein Krieger zeigt ihm den im Wasser versinkenden 
Maxentius.  Die Aufeinanderfolge und Auswahl der einzelnen Mo- 
tive des Kampfes ist der Art, dass keines das andere aufhebt; sie 
sind nicht nur räumlich Wahrscheinlich, sondern auch beim grössten 
Reichthum dramatisch deutlich. 
Die Taufe Constantins ist weit mehr als ein blosses Gere- 
monienbild und steht in der Compositiou beträchtlich über dem Schwur 
Leo's III und der Krönung Carls. Sie ist nicht gegeben als Function, 
die auf einem Ceremoniale und auf bestimmten Costümen beruht, son- 
dern als idealer historischer Augenblick. Die ganze Gruppe ist in 
einer Bewegung, die durch das Stufenwerk des Raumes vortreiflich 
modificirt wird. Die äussersten beiden Figuren, Zuthaten Pennfs, 
wirken freilich als Coulissen. 
Die Schenkung Constantins, die unter jeder andern Hand 
ein Ceremonienbild geworden wviire, ist hier ebenfalls ein idealer hi- 
storischer Augenblick. Der Kaiser überreicht dem Papst S. Silvester 
nicht eine Urkunde, worin man sich die Schenkung der Stadt Rom 
geschrieben denken müsste, auch nicht ein Stadtmodell, womit sich 
spätere Künstler in ähnlichen Fällen geholfen haben, Sondern eine 
goldene Statuette der Roma. Sein kniecndes Gefolge, Welches durch 
seine Stelle noch den Weg bezeichnet den es gekommen ist, besteht 
nur aus vier Personen; die Nachdrängenden werden durch Wachen
	        
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