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Malerei des XVI. Jahrhunderts.
Rafael.
halber weniger in die Augen fällt. Ob der Saracenensieg irgend eine
allgemeinere Andeutung der Unwiderstehlichkeit der Kirche, oder eine
Anspielung auf die damaligen tunisischen etc. Oorsaren enthalten soll,
ist nicht auszumitteln.
Endlich das berühmte Bild: Pincendio del borgo; der Auf-
gabe nach das misslichste von allen: Leo IV löscht durch das Zeichen
des Kreuzes eine Feuersbrunst in der Nähe der Peterskirche. Damit
sollte die Allmacht des päpstlichen Segens symbolisirt werden. Mit
diesem Ereigniss selber war gar nichts anzufangen, weil das Aufhören
des Feuers an sich und vollends die Causalverbindung mit der Ge-
berdc des Papstes sich nicht sinnlich darstellen liess. Rafael schuf
statt dessen das stylgewaltigste Genrebild, welches vorhanden ist;
die Darstellung der Fliehenden, Rettenden und hülflos Klagenden.
Hier sind lauter rcin' künstlerische Gedanken verwirklicht, frei von
der letzten historischen oder symbolischen Rücksicht, im Gewande
einer heroischen Welt. Die höchste Wonne der freien Erfindung muss
den Künstler dabei beseelt haben; die einzelnen Motive sind immer
eines wunderbarer als das andere und ihr Zusammenwirken wiederum
unvergleichlich. Ganz gewiss geht es bei einer Feuersbrunst in der
Regel anders zu, allein für dieses heroische Mensehengcschlecht hätte
z. B. die Liehteffektmalerei eines Van der Neer doch nicht hingereicht.
Eigentlich brennt nicht der Borgo, sondern Troja; statt der Legende
liegt das zweite Buch der Aeneidc zu Grunde. Doch darf man auch
die schöne entfernte Gruppe um den Papst nicht übersehen.
Die Sockelfigilrcn Fürsten Welche dem römischen Stuhl be-
sondere Dienste erwiesen sind für ihre Stelle sehr glücklich ge-
dacht, und mit Recht nicht als sklavenertige Karyatiden, sondern als
frei thronencle Fürsten gegeben. Giulio führte sie nach Rfs Angabe
aus; Maratta musste sie später neu malen.
a Bei der Entscheidung über die Salm di Gostantino scheint
Leo X- inne geworden zu sein, dass auf die bisherige Weise nicht
Weiter gemalt werden dürfe. Mit dem Anspielen auf die eigene Person
des Papstes war dem Künstler ein Zwang auferlegt, den er mit all
seiner Grösse nicht kann vergessen machen. Man musste die Aufgabe