Volltext: Malerei (Nebst Register über alle drei Theile) (Bd. 3)

Camera della Segnatura. 
917 
wendig, sondern auch als neutrale Gestalt zwischen der obern und 
der untern Gruppe unentbehrlich ist. Und was will das stille Lächeln 
dieses wunderbaren Antlitzes sagen? Es ist das siegreiche Bewusst- 
sein der Schönheit, dass sie neben aller Erkenntniss ihre Stelle in 
dieser bunten Welt behaupten werde. 
Neben der Decke der sixtinischen Capelle ist die Camera della 
Segnatura, welche fast genau zur gleichen Zeit gemalt wurde, das 
erste umfassende Kunstwerk von reinem Gleichgewicht der Form und 
des Gedankens. Noch die trefflichsten Florentiuer des XV. Jahrh. 
(Lionardo ausgenommen) hatten sich durch den Reichthum an Zu- 
thaten (Nebenpersonen, überflüssige Gewandrnotive, Prunk der Hinter- 
gründe u. s. w.) stören lassen; ihr Vieles hebt sich gegenseitig auf; 
ihre scharfe Charakteristik vertheilt die Accente zu gleichmässig über 
das Ganze; Fra Bartolommeo, der erste grosse Componist neben Lio- 
nardo, bewegte sich in einem engbegrenzten Kreise und sein Lebens- 
gefühl war seiner Formenaufassung nicht völlig gewachsen.  Bei 
Rafael zuerst ist die Form durchaus schön, edel und zugleich geistig 
belebt ohne Naehtheil des Ganzen. Kein Detail laräsentirt sich, drängt 
sich vor; der Künstler kennt genau das zarte Leben seiner grossen 
symbolischen Gegenstände und weise, wie leicht das Einzel-Interes- 
sante das Ganze übertönt. Und dennoch sind seine einzelnen Figuren 
das wichtigste Studium aller seitherigen Malerei geworden. Es lässt 
sich kein besserer Rath ertheilen, als dass man sie (wo nöthig, auch 
mit bewalfnetem Auge) so oft und so vollständig als möglich betrachte 
imd nach Kräften auswendig lerne. Die Behandlung der Gewänder, 
der Ausdruck der Bewegung in denselben, {die Aufeinanderfolge der 
Farben und Lichter bieten wiederum eine unerschöpfliche Quelle des 
Genusses. 
Die S t a n z a d i E 1 io (10 r 0 , wahrscheinlich ganz oder fast ganz a 
eigenhändig von Rafael ausgemalt in den Jahren 1511  1514, be- 
zeichnet den grossen Schritt in das Historische. Es ist gewagt, aber 
erlaubt zu ve-rmuthen, dass er sich nach den d r a m a tis c h  b e W e g-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.