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Malerei das XVI. Jahrhunderts.
Rafael.
Rafaels Seele, sodass man ihr manche spätere, vollkommnere Madonna
schwerlich vorziehen möchte.
Schon entschiedener ilorentinisch und mehr bewegt ist die kleine
aMadonna mit den Nelken, in der Galerie Camuecini zu Rom.
Vielleicht ein Bild der Befangenheit, welche ersten Schritten in einer
neuen Richtung eigen ist; eine fast genreartige Mutter des Christus-
kindes, im Hauskleid, mit absichtlich gedämpften Farben; übrigens
so gedacht und ausgeführt, dass an der Echtheit doch nicht zu zwei-
feln ist. (Die beiden zusammengesetzten Täfelchen mit heiligen Frauen
in derselben Sammlung stammen noch aus Rßs peruginischer Zeit.)
Rafael lebte 1506-1508 zum zweitenmal in Florenz und diese
Periode war bereits sehr reich an bedeutenden Bildern, von denen
nur die meisten ins Ausland gegangen sind. Doch gewähren die in
Italien gebliebenen wenigstens einen genügenden Faden für die Er-
kenntniss seiner innern Entwicklung.
Auch jetzt sehen wir ihn wählen; von dem festen Grund aus,
zu Welchem ihm der Frate verholfen I), greift er mit dem sichersten
Takte nur nach dem was ihm innerlich gemäss ist. Die Breite des
Lebens, welche noch das Thema der meisten damaligen Florentiner
ist, berührt auch ihn, aber nur soweit sie das Höchste nicht beein-
trächtigt: den Ausdruck der Seele und die allmiilig in ihm zur sichern
Form gedeihenden Grundgesetze der malerischen Composition.
Man vergleiche nur seine damaligen Madonnen mit denjenigen der
Florentiner; selbst diejenigen Lionardds (Vierge aux rochers, Vierge
aux balances im Louvre) werden sich als weniger hoch gedacht, als
4) Jene Abrechnung zwischen beiden Künstlern ist besonders schwierig, wenn
es sich einerseits um Rafaels damals geschaffene heil. Familie in der Münch-
, ner Pinakothek, andererseits um die beiden heil. Familien des Fra Barto-
lommeo im Pal. Corsini zu Rom und im Pal. Pitti (erstes der hintern Zim-
mer) handelt. Hat Rafael die geschlossene pyramidale Gruppe der lilaria,
der beiden Kinder, der Elisabeth und des abschliessend darüber stehenden
Joseph zuerst gesehalfen und der Frate ihn unvollständig, mit Weglassung
einer Figur nachgeahmt? Oder hat Rafael das unreife Motiv des Frate erst
durch seine Zuthat zur Reife gebracht? Die Entscheidung ist bedenklich, die
Zusammengehörigkeit der Bilder beider bleibt aber handgreiflich. Ich möchte
eher die erstere Vermuthung annehmen.