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Malerei des XV. Jahrhunderts.
Umbrien.
wegte, contmastreiche Gegenstände überliess er dem Pinturiechio, statt
sich durch dieselben frisch zu halten. Zu den verziiekten Köpfen,
welche die Leute von ihm begehrten, gehörten Leiber und Stellungen
die in der That nur wie Zugaben aussehen, und die der Beschauer
sehr bald auswendig lernt, weil schon der Maler sie auswendig wusste.
(Derselbe Pietro zeichnete, sobald er Wollte, z. B. seine nackten
Figuren trefflich.) Er entziickte seine Leute ferner durch grelle Bunt-
farbigkeit und spielend reich ornamentirte Gcwandung. (Die Leucht-
kraft des Colorites und die so fein gestimmten Einzelpartien in manchen
Bildern zeigen wiederum was er konnte, sobald er wollte.) Er stellt
seine Heiligen unten ohne Weiteres nebeneinander während alle
andern Schulen sie gruppiren und ordnet seine Glorien, Krönungen
und Himmelfahrten oben nach einem Schema. (Wogegen das Detail,
sobald er wollte, das feinste Liniengefiihl verräth.) Im Wurf der
Gewandung erhebt er sich selten mehr über das Todt-Conventionelle.
(In das Sistina sieht man was er früher konnte und wollte.)
Unter allen Künstlern, welche ihr Pfund vergrnben und zu Hand-
werkern herabgesunken sind, ist das Beispiel Pietro's vielleicht das
grösste und kliigliehste. Freilich, was man von ihm verlangte, das
lieferte er sauber, solid, vollständig, auch in der späten Zeit, da die
Kräfte naehliessen, und da. keine neue Auffassung mehr von ihm zu
fordern war.
Was nun die Köpfe betriift, so ist vor Allem anzuerkennen, dass
Perugino aus der giihrenden florentinischen Kunstwelt gerade die schön-
sten Anregungen in sich aufnahm. Es muss einen göttlichen Angen-
blick in seinem Leben gegeben haben, da er zum erstenmal die hol-
deste Form mit dem Ausdruck der süssesten Schwärmerei, der Sehn-
sucht, der tiefsten Andacht erfüllte. Der Augenblick kehrte biswei-
len wieder; noch in spätem Bildern werden einzelne Köpfe auf ein-
mal ergreifend wahr, mitten unter andern, wvelche einen ähnlichen
Ausdruck nur mit den gewohnten stereotypen Mitteln wiedergeben.
Um hierüber ins Klare zu kommen, muss man einige seiner Köpfe
genau nach Typus und Ausdruck analysiren und sich fragen, wie diess
eigenthiimliche Oval, diese schwermüthig blickenden "Faubenaugen,
diese kleinen schon beinah vom Weinen zuckenden Lippen hervorge-
bracht sind, und ob sie an der betreffenden Stelle irgend eine Noth-