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Malerei des XV. Jahrhunderts.
TOSGEIIBT.
Reliefbilder Nacktes und Plastik! auch hier beginnt ein neues Jahr-
ahundert. Selbst der tüchtige Greisenkopf in der Galerie Torigiani
llzeigt Aktfiguren im Hintergrunde. Die Geissclung, in der Brei-a zu
Mailand, scheint ein frühes Bild zu sein. Ein schlecht beleuchtetes
ßFreseo der Madonna mit 2 Cisterciensern, in der Saeristei von S. Ber-
nardo zu Arezzo gehört dem L. schwerlich.
Ein grosses Gesammtdenkmal der toseanisehen Malerei des XV.
Jahrh. bieten die" zehn Fresken aus dem Leben Mosis und Christi an
nden Wänden der Capella. Sistina. des Vaticans dar. Sixtus IV
(1471-1484) liess sie durch die schon oben genannten Maler aus-
führen: durch Sandro Bottieelli, Cosimo Rosselli, Domenico Ghirlan-
dajo und Luca Signorelli, zu welchen noch Pietro Perugino hinzu-
kömmt. (Drei Bilder des letztern, an der Altarwand, mussten später
dem jüngsten Gericht weichen; die beiden an der Thiirwand sind von
späten und geringen Künstlern.)
Diese Arbeiten sind von bedeutendem Werthe und verdienen eine
genauere Besichtigung als ihnen gewöhnlich zu Theil wird 1). Sie
gehören, was Sandro, Cosimo und Pietro betrifft, zu den besten Wer-
ken dieser Künstler. Pietro regt sich hier noch mit einer llorentini-
sehen Lebendigkeit, die ihm später nicht mehr eigen ist; der Sturz
der Rotte Korah ist Sandrois bedeutendste Oomposition; in den dem
Luca Signorelli zugeschriebenen sind wenigstens einige Motive von
wundervoller Lebendigkeit, die nur sein Werk sein können. Aber die
ügurenreiche Erzählungsiveise jenes Jahrhunderts, die sich hier in
breitem Format ergeht, drückt mehr als einmal das wesentliche Factum
dergestalt zusammen, dass das Auge sich ganz an die lebensvollen
Einzelheiten, an die angenehme Fülle hält, z. B. an die landschaft-
lichen und baulichen Hintergründe. Hier, in der Nähe der Propheten
und Sibyllen, in der Nähe der Stanzen und Tapeten wird man inne,
1) Das Licht ist denjenigen an der Südscite nie günstig. An sonnigen Vormit-
tagen 10-12 Uhr haben sie wenigstens ein starkes Rcflexlicht. Wer übri-
gens die Kunstwerke des Vaticans gcniessen will, schone die Augen unter-
weges, namentlich auf und jenseits der Engelsbrückc und auf dem Platz von
S. Peter, und nehme hier lieber den Umweg hinter den Golonnaden herum.