492
Antike Sculphzr.
Barbarlnnen.
reitung zum Schinden des Marsyas. Die Gründe für die Modernität
lassen sich natürlich nur an Ort und Stelle vollständig entwickeln;
ich glaube aber behaupten zu dürfen, dass eine solche Behandlung
des Haares, ein solcher Kopfbau, ein solches Auge, endlich eine solche
Draperie in der alten Kunst schwer mit Parallelen zu belegen sein
werden. Das Linien-Motiv und im Ganzen auch die Behandlung ist
von einer Vortrefflichkeit, diehnan allerdings am liebsten den Alten
zutraut, wenn auch ersteres zur dargestellten Thätigkeit nicht voll-
kommen passt. Jedenfalls Würde, höchstens Michelangelo ausgenom-
men, sich wohl kein Neuerer dazu melden dürfen I).
In Betreff der Barbarenfrauen wurde schon angedeutet, dass
ihre Darstellung im Ganzen dem Amazonentypns folgt. Diess gilt in
abeschrünktem Sinne auch von der kolossalen Statue in der Loggia.
de" Lanzi zu Florenz in welcher man neuerlich 'l'husnelda, die Ge-
mahlin des Arininius, zu erkennen glaubt; sie hat das Schlank-Gewal-
tige, auch die Bildung des Kopfes mit den Amazonen gemein, nur das
lauge Ilutergevrand unterscheidet sie. Herrlich ist der Ausdruck des
tiefen, aber gefassten Schmerzes in der plastisch unübertrefilichen
Stellung und in dem ruhigen Antlitz mit den aufgelösten Haaren und
den klagenden Augen niedergelegt; auch das vorzüglich schöne Ge-
wand zeigt, dass wir eine Statue der besten Zeit, wahrscheinlich von
dem Triumphbogen cines Fürsten des angnsteischen Hauses vor uns
haben.
In allen italienischen Sammlungen wird man die Kin derstatuen
in einem sehr starken Verhältniss vertreten finden; es sind ihrer im
Ganzen Wohl mehrere Hunderte. In den antiken Häusern und Gärten
müssen sie eine der beliebtesten Zierden gewesen sein und man darf
sichv Nischen, Brunnen, Lauben oft vorzugsweise durch sie belebt und
motivirt denken. Von den neuem Kinderstatuen unterscheiden sie
sich sämmtlieh durch die Abwesenheit alles Trliumerisehen und. Sen-
Der gelehrte Gori Sah vor mehr als einem Jahrhundert im Besitz eines Bild-
hauers zu Florenz ein kloines Thoncxcmplar des Arrotino, von Mich clan-
gelo, "der darin die Fehler des Originals glücklich verbessert halte". Mus.
llorenl. III, p. 95.