Aphrodite.
Die Mediceischa.
Spätere Motive.
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und kein Salbgefiiss mehr beigegeben; die Kunst wagt es, die Göttin
nackt zu bilden um ihrer blossen Schönheit willen, ohne Bezug auf
das Bad. Der unumgängliche Tronco ist hier als Delphin gebildet,
Weniger um auf die Geburt der Venus aus dem Meere anzuspielen,
als um den weichen Linien dieses Körpers etwas Analoges zur Be-
gleitung anzufügen. Obi-nun die Statue selbst das höchste denkbare
Ideal weiblicher Schönheit darstelle diess wird je nach dem Ge-
schmack bejaht oder bestritten werden. Sehr vcrglättet und mit af-
fektirt hergestellten Armen und Händen, gestattet sie überhaupt kein
unbedingtes Urtheil mehr; selbst am Kopf möchte das Kinngrübchen
von moderner Hand verstärkt sein; zudem fehlt die ehemalige Ver-
goldung der Haare und das Ohrgehänge, nebst der farbigen Füllung
der Augen. Für all Das, was übrig bleibt, wollen wir den Beschauer
nicht weiter in einem der grössten Genüsse stören, die Italien bie-
ten kann.
(Die Attitude, bald in mehr mädchenhaften, bald in frauenhaften
Formen ausgedrückt, wurde eine der beliebtesten. Eine grosse Menge
von Wiederholungen, in der Regelknicht mehr als Decorationsiigirren,
finden sich überall. Zwei überlebcnsgrosse z. B., die eine mit dema
zur Stütze dienenden Gewand hinten herum, stehen im ersten Gang
der Ufiizien und gewähren mit ihren leeren Formen einen interessan-
ten Vergleieh, wenn man sich von der Vortreiflichkeit der mediceischen
überzeugen will.)
Dieser Typus erst eignete sich zur Verarbeitung in eine Anzahl
herrlicher Stellungen; die Göttin musste sich von dem Cultusbild
möglichst weit entfernen und ganz zum schönen hliidchen werden, da.-
mit die Kunst völlig frei damit walten "konnte. In den bessern Fäl-
len aber bleibt sie Aphrodite und über alles Genrehafte weit erhaben.
Wir nennen hier zuerst die kauernde Venus (Venus accrou-b
Die), deren schönstes Exemplar (Vatican, gabinetto delle maschere)
den Namen Bupalos trägt. (Nicht derjenige des VI. Jahrhimderts v.
Chn, sondern jedenfalls ein weit späterer dieses Namens.) Es ist nicht
eine aus dem Meer aufsteigende, sondern eine im Bad sich waschende;
die Basis trägt noch in ihren alten Theilen die Andeutung der Wellen,
auf welchen die Göttin ruht denn nie hätte die griechische Kunst
einer gemein-wirklichen Illusion zu Liebe irgend einen Theil der Kör-
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