Volltext: Sculptur (Bd. 2)

Barocksculptur. 
Allegorien. 
Bösen. Aus Neigung zum Begreiflichen bildete man sie als häss- 
liche Weiber, und zwar, wie sich bei den Berninesken von selbst 
versteht, in Alifect und Bewegung, im Niederstürzen, Fliehen u. s. W. 
aAuf dem figurenreichen Hoehaltar der Salute in Venedig (von Justus 
de Gurt) sieht man neben der Madonna u. a. eine fliehcndc "Zwie- 
tracht", von einem Engel mit einer Fackel verfolgt, das hässlichste 
alte Weib in bauschig ilatterndem Gewand. Nicht umsonst hatte schon 
der alte Giotto (Padua, Fresken der Arena) die Laster in männlicher 
Gestalt dargestellt.  Und dann kann überhaupt nur ein reiner Styl 
wahrhaft grossartige Allegorien des Bösen schaffen. 
Allein auch die ruhigem, einzeln stehenden Allegorien unterliegen 
zunächst der manierirten Bildung alles Idealen. Unter zahllosen Bei- 
b spielen heben wir die Statuen im Chor von S. M. Maddalena de Pazzi 
in Florenz hervor, weil sie mit besonderm Luxus gearbeitet sind: 
Montanfs Religioinund Unschuld, und Spinazzfs Reue und Glaube; 
der letztere eine von den beliebten verschleierten Figuren in der Art 
der oben (S. 696, a) genannten. Während sich aber hier wenigstens die 
Bedeutung der einzelnen Figuren, wenn auch mit Mühe, errathen 
lässt, tritt in vielen andern Fällen ein absurder vermeintlicher 'l'iefsinn 
dazwischen, der mit weit hergeholten pedantischen Anspielungen im 
Geschmack der damaligen Erudition die Allegorien vollends unkennt- 
lich macht und sich damit zu briisten scheint, dass eben nicht der 
Erste Beste erkenne, wovon die Rede sei. Man suche z. B. aus den 
cacht lächerlich manierirten Statuen klug zu werden, mit welchen Mi- 
chele Ongaro die kostbare Capelle Vendramiu in S. Pietro di Castello 
zu Venedig verziert hat! (Ende d. 1. Querschiffes.) Mit allen Attri- 
buten wird man die Bezüge des XVII. Jahrh. erst recht nicht errathen. 
 Ein anderer Missbrauch, der alle Theilnahme für diese allegorischen 
Gebilde von vorn herein stört, ist die oben (S. 385 u. f.) gerügte Ver- 
schwendung derselben für decorative Zwecke, zumal in einer 
ganz ungehörigen Stärke des Reliefs, welche beinahe der Freisculptur 
gleich kömmt. Denselben Schwindel, Welchen man im Namen der 
Bogenfüllungstugenden empündet, fühlt man dann auch für die eigentli- 
chen Statuen, die auf den Gesimsen von Altartabernakeln stehen, oder 
vollends für jene Fides, Caritas u. s. w., welche nebst Putten 11m1 
Engeln auf den gebrochenen Giebelschnecken der Altäre in Pozzo's
	        
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